Empörung und Trauer nach der Hinrichtung von Mohammad Ghobadlou

Die offizielle Nachrichtenagentur der iranischen Justiz hat am Morgen des 23. Januar 2024 die Vollstreckung des Todesurteils gegen Mohammad Ghobadlou bekannt gegeben. Der im Jahr 2000 geborene Ghobadlou aus Parand, einer Vorstadt Teherans, gehörte zu den Gefangenen, die nach den landesweiten Proteste im Jahr 2022 im Iran inhaftiert wurden. Er war beschuldigt worden, an der Ermordung eines Polizeibeamten beteiligt gewesen zu sein. Einige Stunden vor der Hinrichtung war ein Video in den sozialen Medien veröffentlicht worden, in dem Ghobadlous Mutter die Familie des getöteten Polizisten Farid Karampour um Gnade anfleht und sie bittet, von der Hinrichtung ihres Sohnes abzusehen.

Da Todesurteile im Iran in der Regel bei Sonnenaufgang vollstreckt werden, war dies die erste Nachricht, die am Dienstag die Öffentlichkeit erreichte. Nur wenige Augenblicke später wurden Bilder des Ghezel Hesar-Gefängnisses veröffentlicht, auf denen Ghobadlous Vater im Regen vor dem Gefängnis zu sehen ist, der in eine Decke gewickelt allein die Straße entlang geht. Gleichzeitig füllten sich X (ehemals Twitter) und Instagram mit zahlreichen Nachrichten des Bedauerns und der Empörung über die Hinrichtung, begleitet von Wut auf die Islamische Republik Iran. Einige Nutzer*innen schrieben mit Verweis auf die geringe Anzahl von Menschen vor dem Gefängnis: „Wir haben nur zugeschaut und nichts getan.“ Andere Nutzer*innen widmen sich einer umfangreichen Analyse der Gründe für diese Hinrichtung. Einige vermuten, dass die Islamische Republik sich durch solche Exekutionen als machtvoll zu präsentieren versucht, da sie Schwierigkeiten hat, ihre Macht zu demonstrieren, während ihre Kommandeure in Syrien und im Irak ermordet und „terroristische“ Angriffe auf ihr eigenes Land verübt würden. Andere wiederum argumentierten, dass diese Hinrichtungen darauf abzielten, „Protestierende einzuschüchtern“ und junge Menschen von weiteren Protesten abzuhalten. Das Video von Ghobadlous Mutter und das Bild seines Vaters allein im Regen erinnerten manche Nutzer*innen auch an andere Familien, die um ihre im Zuge der Proteste getöteten oder hingerichteten Kinder trauern. Sie stellten Bilder dieser Familien nebeneinander und verurteilten die „Tyrannei der Islamischen Republik“.

Gleichzeitig informierte der Instagram-Account der inhaftierten iranischen Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi über einen kollektiven Hungerstreik von 61 politischen Gefangenen im Evin-Gefängnis, die gegen die Hinrichtungen protestierten und deren Einstellung forderten.

Einen Monat vor der Exekution von Mohammad Ghobadlou hatten Psychiater*innen in einem Brief an den Chef der iranischen Justiz die Überprüfung der medizinischen Unterlagen und die Beachtung der bipolaren Störung von Ghobadlou gefordert. Der Brief, der von 50 Psychiater*innen unterzeichnet wurde, verweist auf die Komplexität psychiatrischer Diagnosen, insbesondere von episodischen Störungen wie bipolaren und Borderline-Persönlichkeitsstörungen und forderte eine gründlichere Überprüfung der Akte von Ghobadlou durch die Justiz, basierend auf wissenschaftlichen und klinischen Maßstäben. Ghobadlous Familie hatte erklärt, dass ihr Sohn an einer bipolaren Störung leide und bereits seit einiger Zeit seine Medikamente abgesetzt hatte.

Mohammad Ghobadlou sei „in einem Schauprozess zu Unrecht verurteilt“ und hingerichtet worden, twitterte die Bundestagsabgeordnete Clara Anne Bünger am Dienstag. Die Linken-Politikerin hatte die Patenschaft für den politischen Gefangenen übernommen. Erst vor einer Woche, am 17. Januar, hatten weitere Bundestagsabgeordnete, die Pat*innen politischer Gefangener im Iran waren, die mittlerweile hingerichtet wurden, eine „Taskforce für Gerechtigkeit“ gegründet. Sie solle sich dafür einsetzen, dass alle, die aktiv an diesen Hinrichtungen beteiligt waren, identifiziert und bestraft würden, hatte dazu Daniela Sepheri, die Initiatorin des Patenschaftsprojekts, erklärt.

Gleichzeitig ist im Iran ein weiterer politischer Gefangener, Farhad Salimi, hingerichtet worden. Laut einem Bericht der BBC Farsi wurde das Todesurteil gegen den kurdischen Gefangenen ebenfalls am Dienstagmorgen im Ghezel Hesar-Gefängnis vollstreckt. Sein Leichnam wurde Berichten zufolge in Anwesenheit einiger Menschen in Saqqez in der Provinz Kurdistan beigesetzt. Farhad Salimi wurde nach 14 Jahren Haft hingerichtet und hatte keine Erlaubnis für ein letztes Treffen mit seiner Familie erhalten.

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