Redaktionsleiter des Iran Journal im Visier des iranischen Geheimdiensts
Die Islamische Republik Iran setzt die Repressalien gegen Sozialaktivist:innen und Journalist:innen mit allen Mitteln fort. Auch im Ausland arbeitende Journalist:innen sind davor nicht geschützt. Das erfährt gerade der Redaktionsleiter des Iran Journal.
Die iranische Journalistin und Sozialaktivistin Ghazaleh Zarea ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Ihr werden „Bildung einer Gruppe zur Störung der öffentlichen Sicherheit“ und Zusammenarbeit mit „antirevolutionären Ausländern“ – unter anderem mit ihrem Onkel Farhad Payar, Redaktionsleiter des Iran Journal – vorgeworfen. Das Urteil fiel am 13. Januar 2024 in der Stadt Khorramabad.
Ghazaleh Zarea war bereits am 30. Juli 2023 von Mitarbeitern des iranischen Geheimdienstes festgenommen worden, kurz bevor sie am 16. August des Jahres zu einem Besuch nach Berlin fliegen wollte. Sie musste nach ihrer Festnahme 23 Tage in Einzelhaft verbringen und wurde in dieser Zeit Tag und Nacht verhört. Anschließend wurde die 47-Jährige in einen Trakt des Khorramabad-Gefängnisses verlegt, in dem sie zehn Tage mit vernachlässigten und aggressiven Gefangen verbringen musste. Sie kam später gegen eine Kaution frei.
Während der Verhöre seiner Nichte hatten sich Beamte des iranischen Geheimdienstes per WhatsApp bei Payar in Berlin gemeldet. Sie teilten ihm mit, dass Ghazaleh unter anderem wegen Zusammenarbeit mit ihm und der Deutsche Welle (DW) verhaftet worden ist. Sie warnten ihm dann vor den Konsequenzen seiner journalistischen Tätigkeit. „Damit war mir klar, dass das Regime mit der Verhaftung meiner Nichte auch mich zum Schweigen bringen will, denn ich habe bis Ende Dezember 2023 für die DW gearbeitet“, sagt Payar. Seine Nichte habe bisher weder für das Iran Journal noch für die DW gearbeitet.
Auf Wunsch seiner Angehörigen hat der Leiter des Iran Journal bis jetzt darüber Stillschweigen bewahrt, um weitere Familienmitglieder vor staatlichen Schikanen zu schützen. Zudem hatten Ghazalehs Eltern die Hoffnung auf einen Freispruch.
Katechismus-Unterricht
Ghazaleh Zarea ist Mitinitiatorin von zwei Vereinen in Khorramabad, die sich für bedürftige Frauen sowie Straßenkinder einsetzen. 2018 eröffnete sie in einem Einkaufszentrum ein Café, das zu einem öffentlichen Veranstaltungsort legaler Workshops geworden ist. Dies bezeichnet der Geheimdienst als Maßnahme zur „Bildung einer Gruppe zur Störung der öffentlichen Sicherheit“. Dafür wurde Zarea vom sogenannten Revolutionsgericht in Khorramabad zu zwei Jahren Haft, zudem wegen angeblicher Zusammenarbeit mit „antirevolutionären Ausländern“ zu einem weiteren Jahr Gefängnis verurteilt. Als zusätzliche Strafe muss sie sechs Monate an einer Art islamischen Katechismus-Unterricht teilnehmen und an dessen Ende eine Prüfung ablegen. Sollte sie dabei durchfallen, drohen ihr weitere Strafen.
Gemeinsam mit anderen europäischen Medien wurde der Farsi-Redaktion der DW von der iranischen Regierung im Oktober 2022 „Unterstützung des Terrorismus“ vorgeworfen. Infolgedessen wurden sie auf eine Sanktionsliste der Islamischen Republik gesetzt. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, verlangte damals von der Bundesregierung, dagegen aktiv zu werden.
Das iranische Regime hat in der Vergangenheit mehrfach Familien im Ausland arbeitender Journalist:innen iranischer Herkunft für deren kritische Berichterstattung in Geiselhaft genommen. Frank Überall bezeichnet diese Vorgehensweise des Regimes als „übelste Erpressung“.♦