Zwischen Corona und Wasserknappheit: Proteste in Chuzestan

Wasserknappheit und Stromausfälle haben in mehreren Städten der iranischen Provinz Chuzestan zu Demonstrationen geführt. Doch die Gründe für die Wut sind vielseitiger.

Von Iman Aslani*

Am Donnerstagabend gab es in mindestens sieben Städten der südwestiranischen Provinz Chuzestan Demonstrationen. Videos, die am Freitag in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, zeigen aufgebrachte Demonstranten, die gegen Wasserknappheit, Stromausfälle und das Wassermanagement der Regierung protestieren.

Ein Video zeigt, wie Sicherheitskräfte versuchen, die Demonstration zu blockieren. In manchen Aufnahmen sind Schüsse zu hören. Es gibt Videos von Straßenblockaden aus angezündeten Reifen.

Der Interimsgouverneur der Hafenstadt Mahschahr, Fereydoun Bandari, bestätigte am Freitag eine Straßensperrung zwischen Mahschahr und der Hafenstadt Bandar-e Imam Chomeini.

Der Gouverneur von Chuzestan, Ghasem Soleimani Dashtaki, stellte am Freitag in einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA die Echtheit der Videos zum Teil infrage. Es gebe „Verschwörungen zur Unruhestiftung“. Ein Regierungsgremium solle in den kommenden Tagen die Auswirkungen der Wasserknappheit vor Ort begutachten, versprach er.

Die den Revolutionsgarden nahestehende Nachrichtenagentur Fars warf am Freitag ausländischen Nachrichtensendern „Unruhestiftung und Provokation durch Ausnutzung von Emotionen“ vor.

Stromausfall, Corona und die wirtschaftliche Lage

Medien zufolge haben Bauern in manchen Dörfern in Chuzestan kein Wasser für ihr Vieh. Präsident Hassan Rouhani sprach kürzlich von einer „beispiellosen Dürre“, mit der der Iran in diesem Jahr konfrontiert sei. Die Niederschläge seien im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent zurückgegangen. Auch die häufigen Stromausfälle in den vergangenen Monaten resultieren der iranischen Regierung zufolge aus der Wasserknappheit.

Den Demonstrationen vom Donnerstagabend geht allerdings über die Wasserknappheit hinaus eine Reihe von Missstimmungen und Protestaktionen voraus. Seit Wochen gibt es häufige Stromausfälle im ganzen Iran. Dies belastet besonders Menschen in warmen und feuchten Gebieten, darunter in Chuzestan.

Die Provinz ist außerdem stark von der Coronapandemie betroffen. Die vierte Welle begann im Frühjahr unter anderem dort. Mittlerweile ist landesweit von einer fünften Welle die Rede.

In dieser Provinz wird das meiste Öl des Landes gefördert. Die sogenannte Öl-Hauptstadt Irans leidet jedoch unter chronischer Armut, wirtschaftlichen Problemen und hoher Arbeitslosigkeit. Am Donnerstag gingen in der Provinzhauptstadt Ahvaz Arbeiter der Stadtverwaltung auf die Straße, um gegen ausbleibende Lohnzahlungen und schlechte Arbeitsbedingungen zu protestieren.

Seit dem 19. Juni ist ein Teil der Arbeiter der Öl-, Gas- und Petrochemie-Industrie aus Protest gegen niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedienungen in einen Streik getreten. Mittlerweile sind über 90 Raffinerien in 19 Städten, darunter auch in Chuzestan, betroffen.

Nicht nur Wasserknappheit

Zur Trinkwasserknappheit in Chuzestan kommt die Austrocknung der Sümpfe in der Provinz hinzu, die starke Umweltschäden verursacht. Auch der Sumpfkomplex Hour-Ol-Azim, der zu einem Drittel im Iran und zu zwei Dritteln im Irak liegt, leidet stark unter Wasserknappheit.

Anfang Juli wurden Bilder und Videos im Internet veröffentlicht, die massenhaftes Verenden von Fischen und eine bedrohliche Lage der dort lebenden Büffel dokumentierten. Daraufhin versammelten sich Menschen in Ahvaz, um gegen die Wasserpolitik der iranischen Regierung zu protestieren.

Durch die Austrocknung von Hour-Ol-Azim gerät nicht nur das regionale Ökosystem mehr und mehr aus dem Gleichgewicht. Der dadurch entstehende Dunst sorgt seit Jahren für schlechte Luftqualität in Chuzestan und den benachbarten Regionen.

Hinzu kommen umstrittene Wasserprojekte zur Versorgung der zentraliranischen Provinzen, die Chuzestan das Wasser wegnehmen. Darunter leiden vor allem die Bauern in der Region. Mehrere Dämme und Talsperren der Flüsse Karun und Karkheh, die die Provinz mit Wasser versorgen, haben die Wasserknappheit ebenfalls befördert.♦

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*Iman Aslani ist der Pseudonym eines iranischen Journalisten, der unter anderen Namen für persischsprachige Medien schreibt. 

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