„Es fehlt den Staaten an Mut“

Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Bundestag forderte Mitte September die Bundesregierung in einem umfangreichen Antrag auf, sich deutlich stärker als bisher für eine Verbesserung der menschen- und bürgerrechtlichen Situation im Iran einzusetzen. Der Antrag schlägt dazu 25 Maßnahmen vor, die die Lage der Iraner*innen massiv verändern könnten. Doch die Menschenrechtsverletzungen des iranischen Regimes werden von der laizistischen Opposition im Iran und internationalen Menschenrechtsorganisationen seit 1980 angeprangert. Warum gehen die Grünen jetzt vehement dagegen vor?

Die Situation habe sich „dramatisch verschlechtert“, erklärt Nouripour gegenüber dem Iran Journal: „Es geht nicht mehr um den unmenschlichen Druck auf Andersdenkende allein. Die November-Proteste von 2019, aber auch schon die Proteste im Jahr 2018 waren in erster Linie gegen die ökonomischen Umstände im Land gerichtet: Gegen Verarmung weiter Teile der Gesellschaft, gegen notorische Korruption und Missmanagement.“

Auch die „Methoden der Repression und Strangulierung der Gesellschaft“ hätten das Ende der Fahnenstange erreicht: „Wenn gefolterte Menschen gefesselt und ihr ‚Geständnis‘ herausschreiend auf Pickups öffentlich vorgeführt werden, ist das nicht nur ein Bruch aller zivilisatorischer Regeln. Das sind nicht die ‚üblichen‘ unmenschlichen Methoden des Unrechts, das sind Vorgehensweisen des Islamischen Staates (IS) aus Raqqa.“

Polizei in Teheran demütigt einen Mann
Öffentliche Demütigung eines Menschen durch die Teheraner Polizei!

Diskriminierung von Minderheiten

Jede Kritik, jeden Aufschrei, jeden friedlichen Protest gegen die vielen Ungerechtigkeiten im Iran schlage das Regime brutal nieder, erklärte Omid Nouripour in seiner Rede im Bundestag. Die Coronapandemie gepaart mit Misswirtschaft mache die Lage der Iraner*innen noch unerträglicher: „Wenn Kinder exekutiert werden, Frauen, die das Kopftuch verweigern, gefoltert, Homosexuelle verfolgt, Naturschützer verhaftet, Kurdinnen und Kurden das Lehren ihrer eigenen Sprache verboten, Belutschen die humanitäre Hilfe nach Naturkatastrophen verweigert und Baha’i systematisch der Zugang zu Bildung verwehrt wird, gewinnt nur noch das Unrecht“, so der Politiker. Und im Unrecht werde der Justizapparat „ein Instrument der Unterdrückung und Willkür“.

Der Parlamentarier forderte die Bundesregierung auf, „sich deutlich auf die Seite der Iranerinnen und Iraner zu stellen, die systematischen sowie willkürlichen Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen“.

Den Menschen im Iran gehe langsam die Kraft aus. „Es wäre für sie ein bedeutendes und starkes Signal, wenn der deutsche Bundestag die Menschenrechtslage im Iran verurteilt“, so Nouripour: „Menschenrechte sind nicht teilbar, auch nicht im Iran. Die Menschen im Iran haben Freiheit verdient, sie haben unsere Aufmerksamkeit verdient, aber auch diejenigen, die nicht mehr da sind, wie Pouya Bakhtiari, Neda Agha-Soltan, Navid Afkari, Sattar Beheshti, Sohrab Aerabi und all die Hunderttausenden Menschen, die leiden, und die Zehntausenden, die vom Unrecht hingerichtet worden sind. Azadi Baraye Iran (Freiheit für den Iran)!“

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