Human Rights Watch: Menschenrechtslage im Iran 2024 weiter verschärft

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) stellt in ihrem Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte weltweit fest, dass sich die Situation im Iran im Jahr 2024 weiter verschlechtert hat.

Der am Donnerstag, den 16. Januar, veröffentlichte Bericht beleuchtet die Menschenrechtslage im Iran anhand von acht zentralen Themenbereichen. HRW hebt hervor, dass seit dem Amtsantritt von Präsident Massoud Pezeshkian – nach dem Tod von Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz im Mai 2024 – keine Verbesserung der Lage eingetreten sei. Statt dessen habe sich die Situation in einigen Bereichen sogar verschärft.

Zunahme der Hinrichtungen

Laut dem Bericht gehört der Iran weiterhin zu den Ländern mit den weltweit höchsten Hinrichtungsraten. Besonders kritisch wird die Hinrichtung von jugendlichen Straftätern sowie Personen, die unter unklaren Umständen der „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ beschuldigt werden, betrachtet.

HRW verweist auf eine Mitteilung der Vereinten Nationen, wonach in Iran allein in der ersten Jahreshälfte 2024 über 400 Menschen hingerichtet wurden. Besonders erwähnenswert ist die Massenhinrichtung von 29 Personen am 7. August 2024 in den Gefängnissen Ghezel Hesar und Karaj.

Einschränkungen von Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Im Bericht wird auch auf die Verhaftung dutzender Menschenrechtsaktivist*innen, Anwält*innen, Studierender sowie Angehöriger von Opfern regierungsfeindlicher Proteste verwiesen. Universitäten seien verstärkt Orte staatlicher Repression, wobei Studierende durch Suspendierungen und Exmatrikulationen an der Ausübung ihrer Meinungsfreiheit gehindert würden. HRW verfügt über Nachweise zu mindestens 30 exmatrikulierten Personen.

Präsident Pezeshkian hatte zwar kurz nach seinem Amtsantritt den Gesundheitsminister Mohammadreza Zafarghandi angewiesen, die Entlassungen und Suspendierungen von Studierenden und Dozent*innen zu überprüfen, die im Zuge der „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste veranlasst worden waren, doch diese Maßnahmen blieben begrenzt.

Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten

HRW äußert weiterhin Besorgnis über die anhaltende Diskriminierung ethnischer und religiöser Minderheiten, insbesondere der Bahá’í, in deren Fall zwei Drittel der inhaftierten Mitglieder der Religionsgemeinschaft Frauen seien. Auch sunnitische Muslime sowie die kurdischen, arabischen, azerischen und belutschischen Minderheiten seien weiterhin von struktureller Benachteiligung betroffen. Der Einsatz tödlicher Gewalt gegen kurdische Lastenträger (Kolbars) wird besonders scharf kritisiert.

Frauenrechte

Mit der Verabschiedung des sogenannten „Gesetzes zu Keuschheit und Hidschab“ im September 2024 durch den iranischen Wächterrat verschärft sich im Iran der Druck auf Frauen und Mädchen, die vorgeschriebene Kleiderordnung einzuhalten. Das Gesetz umfasst 71 Artikel und sieht Geld- und Haftstrafen sowie verpflichtende Schulungen vor.

HRW kritisiert dieses und weitere diskriminierende Gesetze in den Bereichen Scheidung, Erbrecht, Sorgerecht sowie das Verbot für Frauen, ohne Zustimmung ihres Ehemannes oder Vaters zu reisen, als patriarchal. Auch die Zunahme von Femiziden, insbesondere sogenannten „Ehrenmorden“, führt der Bericht in diesem Themenbereich an.

Verfolgung von Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen

Zahlreiche Menschenrechtsverteidiger*innen, insbesondere Frauen, befinden sich laut HRW weiterhin in Haft. Die Repressionen gegen politische Aktivist*innen und Journalist*innen im Iran hielten auch 2024 an. Der Bericht nennt die Verurteilung von elf Aktivistinnen im April 2024 sowie die Verfolgung mehrerer Journalist*innen aufgrund ihrer kritischen Berichterstattung als alarmierende Beispiele.

Mangel an fairem Gerichtsverfahren

HRW kritisiert außerdem die systematische Verweigerung fairer Gerichtsverfahren, insbesondere vor den Revolutionsgerichten. Erzwungene Geständnisse sowie die Misshandlung von Gefangenen seien fest in das Justizsystem der Islamischen Republik eingebettet. Beschwerden über Folter und Misshandlungen würden von den iranischen Behörden ignoriert.

Diskriminierung sexueller Minderheiten

Auch sexuelle Minderheiten sind laut HRW weiterhin starker Diskriminierung ausgesetzt. Männer, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen eingehen, riskierten die Todesstrafe. Zwar werde die geschlechtsangleichende Operation staatlich unterstützt, doch fehlten Gesetze gegen die Diskriminierung von Transpersonen.

Insgesamt unterstreicht der Bericht von Human Rights Watch damit, dass sich die Menschenrechtslage im Iran im vergangenen Jahr keineswegs verbessert, sondern in vielen Bereichen verschlechtert hat.♦

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