Kritik an neuen Bestattungen auf alten Massengräbern

Auf dem Friedhof Khavaran im Südosten Teherans sind auf den Gräbern von politischen Gefangenen, die Opfer der Massenhinrichtungen im Iran im Jahr 1988 waren, neue Gräber ausgehoben worden sind. Offenbar sind dort zwei Tote beigesetzt worden. Das zeigen Aufnahmen des Friedhofs, die in den vergangenen Tagen in den sozialen Netzwerlen veröffentlicht wurden.

In den neuen Gräbern sollen Angehörige der religiösen Minderheit der Baha’i begraben worden sei, wie Simin Fahandej von der Baha’i International Community in Genf in der vergangenen Woche auf Twitter schrieb. Unmittelbar neben den Massengräbern liegt der den Baha’i zugewiesene Friedhof. Obwohl dieser genug Platz für mindestens weitere 50 Jahre habe, seien die Baha’i unter Druck gesetzt worden, ihre Toten entweder in den engen Gängen zwischen den alten Gräbern oder auf dem Grundstück nebenan beizusetzen, so Fahandej.

Menschenrechtler*innen und Angehörige der Opfer betrachten den Friedhof Khavaran als wichtigen Beweis für die Verbrechen der Islamischen Republik in den 1980er Jahren. Sie werfen dem iranischen Regime vor, diese Spuren mit den neuen Gräbern verwischen zu wollen. Zudem sei es eine neue Schikane der Baha’i.

Angehörige der Opfer von 1988 forderten die Baha’i in einem Schreiben am Samstag deshalb auf, dem Druck nicht nachzugeben. Die Veränderungen des Friedhofs seien „menschenunwürdig“, kritisierten 79 Angehörige der Opfer im Iran am Sonntag in einem zweiten Brief. Dieser wurde an die Teheraner Stadtverwaltung, das iranische Präsidialamt und das Innenministerium geschickt.

In Khavaran wurden in den 1980er Jahren zunächst einzelne hingerichtete politische Gefangene beigesetzt. Dazu kam später zumindest ein Teil der Opfer der Massenhinrichtungen von 1988. Zur Anzahl der damaligen Hinrichtungen gibt es bis heute keine offizielle Angaben. Inoffizielle Zahlen gehen von 1.300 bis zu 10.000 Opfern aus.

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