Neue Fronten- Will Saudi Arabien direkte Konfrontation?

Doch all diese Fakten scheinen keine Rolle zu spielen, weder für jene US-Politiker, die sich zu der Veranstaltung nach Paris begeben haben, noch für unsere ausgewiesene Iranexpertin Lopez, die von einer zukunftsweisenden Allianz spricht und das Ende der Machthaber in Teheran prognostiziert. Und für Prinz Turki bin Feisal sowieso nicht. Den Saudis ist in ihrem Kampf gegen die Islamische Republik dieser Tage jedes Mittel recht, jede Gruppe willkommen.
Vom Stellvertreterkrieg zu direktem Waffengang?
Riad und Teheran befinden sich derzeit auf einem sehr gefährlichen Kollisionskurs. Militärisch wurde dieser Krieg bis jetzt stellvertretend im Irak, in Syrien und im Jemen geführt; politisch und diplomatisch in der ganzen Welt. Wann und wie die Kriege in der Region je ein Ende finden und welche der beiden Regionalmächte dann letztlich als Siegerin dastehen wird, ist ungewiss – ebenso, ob es überhaupt je einen Sieger geben wird.
Doch der demonstrative Auftritt Prinz Feisals bei den iranischen Mudschahedin ist für viele Beobachter eine Wende, ja, ein gefährliches Signal. Denn der momentane Stellvertreterkrieg in den Nachbarländern kann nach diesem Auftritt leicht seinen Charakter verändern und sich in eine direkte Konfrontation verwandeln.
Kontrollierter Verbalradikalismus
Wenige Tage nach der Veranstaltung in La Bourget sammelte Mohammad Ali Djafari, der höchste Kommandant der iranischen Revolutionsgarden, alle Kommandeure seiner Garden um sich, um mit ihnen die neue Lage zu besprechen. „Saudi-Arabien hat die rote Linie überschritten. Wir warten nun auf einen Befehl des geliebten Revolutionsführers“, zitierten ihn tags darauf die Zeitungen.
Und es sind nicht nur die Hardliner, die sich zu Wort melden. Selbst die reformorientierte Zeitung Etemad schrieb in einem Leitartikel am vergangenen Dienstag, Iran solle sich an den USA ein Beispiel nehmen. So wie Amerika aus anderen Teilen der Welt in die Region komme und hier den IS bekämpfe, „sollten wir uns erlauben, Sonderkommandos in Bewegung zu setzen“.

Masoud Rajavi beim irakischen Diktator Saddam Hussein
Masoud Rajavi, der angeblich verstorbene Anführer der iranischen Volksmudschahedin beim irakischen Diktator Saddam Hussein

Noch ist dieser Verbalradikalismus kontrolliert, die Propagandamaschinerie hält sich merklich zurück. Die Situation ist zu gefährlich, als dass man sich erlauben könnte, dauernd Öl ins Feuer zu gießen. Zumal man an vielen Schauplätzen beschäftigt ist und so die Hände gebunden sind. Die Islamische Republik befindet sich in einer Sackgasse. Trotz des Atomdeals mit dem Westen ist keine wirtschaftliche Öffnung, kein Rezept für die wirtschaftliche Misere in Sicht. Die sozialen Problemen scheinen unlösbar, die Bevölkerung desillusioniert. Es gibt so viele Baustellen im inneren und ebenso viele Brandherde jenseits der Grenze, dass man sich keine direkte Konfrontation mit den Saudis erlauben kann.
Und der Hauptrivale Saudi-Arabien befindet sich in keiner viel besseren Lage. Doch die Saudis haben bessere finanzielle und diplomatische Möglichkeiten.
Mahmud Abbas ist auch dabei
Sie haben bessere und zudem finanziell abhängige Verbündete und sind international nicht so isoliert wie der Iran. Und sie setzen ihre Beziehungen geschickt und effektiv ein.
Vergangenen Samstag erschien in fast allen arabischen Zeitungen und Webseiten ein Foto, das zeigen sollte, wie isoliert der Iran ist. Darauf sind Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, und Mariam Rajavi, Chefin der Volksmudschahedin, zu sehen – lächelnd und Dokumente austauschend. Eine Blamage für die Islamische Republik, die sich als einzig wahre Unterstützerin der Palästinenser sieht. Keine dieser Zeitungen und Webseiten, nicht einmal diejenigen, die den Saudis nahestehen, haben daran Zweifel gelassen, dass dieses Treffen auf Betreiben Riads zustande gekommen ist. Abbas war nie ein Verbündeter der Mullahs, doch es gab ein Stillhalteabkommen zwischen Ramallah und Teheran. Die Hamas, eigentliche Bündnispartnerin des Iran, wechselte bereits vor einem Jahr die Seiten in das Lager der Türkei und von Qatar.
Waffengang der iranischen Kurden?
Dass jetzt die PLO und die iranischen Volksmudschahedin miteinander reden, sorgt in Teheran für große Nervosität, denn es deutet auf mögliche Pläne für gemeinsame Aktionen hin.
Und das in einer Zeit, in der auch die Demokratische Partei Kurdistans (Iran) zunehmend in bewaffnete Zusammenstöße mit Revolutionsgarden verwickelt ist. Auch hier sieht Teheran die Saudis am Werk. Zu Beginn der jüngsten Eskalation meldete sich Ende April mit martialischen Worten in der wichtigsten saudischen Zeitung Al Sharq Alawsat eine kleine Fraktion der kurdischen Opposition im Iran mit der Abkürzung PAK zu Wort: „Der Iran steht an der Schwelle eines groß angelegten bewaffneten Aufstands, der alle seine Städte erfassen wird“, ließ diese dort verlauten.
Dann folgten andere und größere Parteien und Gruppen der Kurden. Als die Demokratische Partei Kurdistans als wichtigste und traditionsreichste Partei der iranischen Kurden erklärte, sie werde fortan die Rechte des Volkes „mit Waffen verteidigen“, da schrillten bei den Revolutionsgarden die Alarmglocken. Wie so oft meldete sich als erster Mohsen Rezaei mit Einzelheiten. Der langjährige Ex-Kommandant der Revolutionsgarden, der vergeblich mehrere Anläufe genommen hat, Staatspräsident zu werden, prescht oft mit angeblichen oder tatsächlichen Hintergrundinformationen vor. Auf seinem Instagramaccount schrieb er am 20. Juni, Saudi-Arabien schicke Terrorzellen in die Provinz Kurdistan, sie bekämen ihre Befehle direkt vom saudischen Konsulat im irakischen Arbil. Und zugleich verschlechtert sich Teherans Beziehung zu den nordirakischen Kurden.
  ALI SADRZADEH
Quellen: centerforsecuritypolicy.org , bbc.com/persian, bbc.com/persian/iran , bbc.com/persian/iran/2016 ,  jpost.com/Middle-East
Auch diese Artikel können Sie interessieren:
Showdown zwischen Teheran und Riad beschäftigt iranische Web-User
Der Nahe Osten nach dem Atomdeal