Verhärtete Fronten, stille Kanäle: Iran und USA vor neuen Gesprächen in Oman
Während die Rhetorik zwischen Teheran und Washington wieder gefährlich scharf geworden ist, wird im Hintergrund an einer diplomatischen Öffnung gearbeitet. Am Samstag soll in Oman ein neues Gesprächsformat starten – doch schon die Frage, ob direkt oder indirekt verhandelt wird, sorgt für Verwirrung.
Noch bevor der erste Handschlag ausgetauscht ist – sofern es überhaupt einen geben wird – wirft das geplante Treffen zwischen iranischen und US-amerikanischen Vertretern in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, bereits große Schatten. Der Ort ist nicht neu, ebenso wenig das Muster: Wenn es zwischen Teheran und Washington kriselt, springt oft Oman als stiller Vermittler ein. Doch diesmal scheint selbst die Art des Gesprächs umstritten. Während die USA von direkten Gesprächen sprechen, besteht das Teheraner Regime auf einer indirekten Form der Kommunikation.
„Solange Druck und Drohungen anhalten, gibt es keine Grundlage für faire Gespräche“, erklärte Außenminister der Islamischen Republik Abbas Araghchi jüngst in Algier. Die Verhandlungen mit den USA sollen lediglich über Mittelsmänner stattfinden. Für Araghchi ist die Gesprächsbereitschaft dennoch ein „Zeichen, dass der diplomatische Weg nicht versperrt ist“. Die USA wiederum, so äußerte sich die Sprecherin des Weißen Hauses Karoline Leavitt, gingen fest von direkten Gesprächen aus. Präsident Donald Trump selbst sprach in einem gemeinsamen Auftritt mit Israels Premier Benjamin Netanjahu im Weißen Haus von einem „hochrangigen direkten Treffen“.
Netanyahu looked visibly rattled as Trump—sitting right next to him—announced direct talks with Iran, called Erdogan a „friend“ Israel should be reasonable with, brought up $4B in US military aid to Israel, and wouldn’t commit to lifting tariffs. pic.twitter.com/KDhKKIy0nl
— Sina Toossi (@SinaToossi) April 8, 2025
Gespräche mit Ansage
Die öffentliche Uneinigkeit darüber, ob die Gespräche direkt oder indirekt geführt werden, ist dabei mehr als semantischer Streit: Sie verweist auf die tiefsitzenden Gegensätze und das Misstrauen zwischen den beiden Staaten. Offiziell hat der Oberste Führer des Gottesstaates Ali Khamenei direkte Gespräche mit den USA untersagt – ein Umstand, der Außenminister Araghchi offensichtlich verpflichtet, selbst kleinste Annäherungsschritte als Einhaltung dieses Verbots zu verteidigen.
Dabei waren die diplomatischen Kanäle in den vergangenen Wochen alles andere als inaktiv. Wie Araghchi in einem Gastbeitrag für die Washington Post schrieb, sollen Washington und Teheran zahlreiche Briefe und Nachrichten zwischen ausgetauscht haben, mit dem Ziel, „Positionen zu klären und eine Tür zur Diplomatie zu öffnen“. In seinem Ton zeigt sich durchaus eine Kompromissbereitschaft – etwa wenn er andeutet, amerikanische Unternehmen könnten theoretisch Zugang zum iranischen Markt erhalten.
Interessen und rote Linien
Worum geht es in Oman? Die USA wollen ein neues Abkommen, das nicht nur das iranische Atomprogramm dauerhaft einschränkt, sondern auch Teherans regionalen Einfluss und das ballistische Raketenprogramm in den Blick nimmt. Aus Washington heißt es, Iran sei „kurz davor“, genügend angereichertes Uran zur Verfügung zu haben, um innerhalb weniger Wochen mehrere Atombomben zu bauen – auch wenn der Bau eines einsetzbaren Sprengkopfs wohl noch über ein Jahr dauern würde.
Trump will mit einer Mischung aus Androhung militärischer Gewalt und der Aussicht auf ein „großes Abkommen“ Druck ausüben. Schon im März soll er ein persönliches Schreiben an Khamenei geschickt haben – mit dem Angebot von direkten Verhandlungen und der Warnung, dass Iran nur noch zwei Monate Zeit bleibe, sich auf Diplomatie einzulassen.
Iran hingegen betont, das Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. Außenminister Araghchi erklärte: „Wenn das einzige Anliegen der USA ist, dass der Iran keine Atomwaffen entwickelt – das ist verhandelbar.“ Doch sobald die US-Delegation, wie mehrfach angekündigt, auch regionale Fragen wie Syriens Zukunft, Irans Einfluss im Irak oder das Raketenprogramm auf den Tisch bringt, ist für Teheran die rote Linie erreicht.
Ein nicht namentlich genannter Diplomat im Nahen Osten hat der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, Iran sei grundsätzlich zu direkten Gesprächen bereit – aber nur, wenn die USA zuvor konkrete Zeichen der Deeskalation setzen: etwa die Freigabe eingefrorener Gelder oder die Aufhebung einzelner Sanktionen.
Zwischen Moskau, Peking und Tel Aviv
In den Verhandlungen in Oman schwingt auch die internationale Bühne mit. Russland und China begleiten die Entwicklung eng. In Moskau trafen sich bereits vorab Vertreter der drei Länder zu Expertengesprächen über das iranische Atomprogramm. Der Kreml erklärte, man sei bereit, „alles Mögliche“ zu unternehmen, um eine friedliche Lösung zu ermöglichen. Auch die EU-Staaten, vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien, haben weiterhin Interesse an einer Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015, das Trump 2018 einseitig aufkündigte.
Gleichzeitig lässt Israels Premierminister Netanjahu keine Gelegenheit aus, um vor einer iranischen Atombombe zu warnen – und um Druck auf Washington auszuüben. Für ihn ist das Modell Libyen das Ziel: ein vollständiger Abbau aller Nuklearanlagen, wie einst unter Gaddafi. Doch Netanjahu weiß auch: Ohne ein amerikanisches Engagement wird es kein Ergebnis geben – und vielleicht genau deshalb steht er derzeit demonstrativ an Trumps Seite.
Netanyahu discussed the Libyan model for dismantling Iran’s nuclear program during his meeting with Trump, @Jerusalem_Post reported citing Israeli officials.
However, Trump gave no assurance he’d adopt the model, and “his policy on this matter remains unclear,“ according to…— Iran International English (@IranIntl_En) April 8, 2025
Ausblick: Gespräch oder Konfrontation?
Der geplante Dialog in Maskat ist damit ein Drahtseilakt zwischen geheimer Diplomatie und öffentlicher Konfrontation. Beide Seiten haben sich durch ihre eigenen roten Linien in ein enges Korsett gezwängt. Irans Vertreter dürfen sich offiziell nicht zu direkt zeigen, ohne sich innerpolitisch angreifbar zu machen. Die US-Amerikaner wiederum haben in Trump einen Präsidenten, der zwar mit dem Willen zur Einigung auftritt, gleichzeitig aber öffentlich mit Bombardements droht.
Der Ausgang der Gespräche bleibt offen. Dass Teheran und Washington überhaupt wieder reden wollen – sei es direkt oder indirekt – ist in der aktuellen Lage bereits ein Fortschritt. Ob daraus ein belastbares Ergebnis entstehen kann, hängt davon ab, ob es beiden Seiten gelingt, öffentlich Härte zu zeigen und zugleich hinter verschlossenen Türen Kompromisse zuzulassen.
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Foto: KI-generiert