Hass auf Israel als Daseinsberechtigung
Maßlos und irrational ist die Feindschaft der Teheraner Machthaber gegenüber Israel. Diese Feindseligkeit ist nicht nur Propaganda. Im Kampf gegen Israel scheinen alle willkommen zu sein, gläubige Muslime ebenso wie kriminelle Rocker oder andere obskure Gestalten.
Von Ali Sadrzadeh
„Bitte gehen Sie am Al-Quds-Tag nicht zu Picknicks, verzichten Sie auf unterhaltsame Aktivitäten und feiern Sie den Pessach eine Woche später“ – das schrieb die jüdische Gemeinde in Teheran am vergangenen Sonntag auf ihrem Telegramkanal. Diese Gemeinde hat allein in der iranischen Hauptstadt 7.000 Mitglieder. Im ganzen Land leben heute schätzungsweise 8.000 Jüdinnen und Juden, vor der Revolution schätzte man die Zahl auf etwa 80.000. Der Al-Quds- , also Jerusalem-Tag ist der letzte Freitag im islamischen Fastenmonat Ramadan und im Iran seit 44 Jahren ein یوم اله , ein Tag Gottes. Der Führer der islamischen Revolution von 1979, Ayatollah Ruhollah Khomeini, hatte alle Muslime der Welt aufgefordert, an diesem Tag für das baldige Ende Israels auf die Straße zu gehen.
Israels „Restzeit-Uhr“ läuft ab
In Teheran beginnt der Marsch alljährlich am Palästina-Platz. Vor der Revolution nannte man ihn Schlossplatz. Hier residierte einst die israelische Mission im Iran. Der Schah und sein Schloss gehören seit der 44 Jahren der Geschichte an, nun läuft hier eine elektrische „Israel-Restzeit-Uhr“ ab. Sie zeigt die verbleibenden Tage bis zum Untergang Israels. Im Jahr 2040 stoppt die Uhr. Dann soll Ali Khameneis Prophezeiung Wirklichkeit geworden sein. Es war der 9. September 2015, als der heutige Führer der islamischen Revolution dieses „prophetische Orakel“ in die Welt setzte. Wenige Wochen zuvor war das Atomabkommen der Westmächte mit dem Iran unterzeichnet worden. Man feierte es als eine Kunst der Weltdiplomatie. Das Aufatmen in vielen Hauptstädten der Welt war unüberhörbar, die Gefahr eines großen militärischen Weltkonflikts schien vorüber, viele hofften auf eine wirkliche Wende, auf die Rückkehr Irans in die Normalität. Diese schöne Welt hatte man sich aber ohne Khamenei ausgemalt. An diesem Tag sorgte er für Klarheit. Unmissverständlich sagte er jedem, der hören wollte, was die Welt zu erwarten hat, so lange er die Grundprinzipien der iranischen Diplomatie bestimmt. Dafür wählte er sein Herzensthema, das im Zentrum seiner gesamten Regional- und Weltpolitik steht. Wörtlich sagte er:
„Nach Abschluss der Atomverhandlungen hörten wir die Zionisten im besetzten Palästina sagen: ‚Mit diesen Verhandlungen werden wir in den nächsten 25 Jahren keine Sorgen mehr bezüglich Iran haben.‘ Ich möchte ihnen antworten: Ihr werdet, ab heute gezählt, die nächsten 25 Jahre gar nicht mehr miterleben! Durch Gottes Gnade und Segen wird das zionistische Regime in 25 Jahren nicht mehr existieren.“
Alle, selbst kriminelle Rocker sind willkommen
Seit dieser Rede läuft auf dem Palästina-Platz in Teheran Israels „Restzeit- Uhr“. Und der Kampf der Islamischen Republik gegen Israel scheint kein Ende finden zu dürfen – mit welchen Mitteln und wessen Unterstützung auch immer. Alle sind in diesem Kampf willkommen, nicht nur die eingeschüchterten einheimischen Juden, auch Kriminelle aller Couleur.
Beispiele gibt es zuhauf: Ein Deutsch-Iraner namens Ramin Yektaparast wird seit Dezember 2022 wegen Mordes und einer Reihe von Anschlägen auf jüdische Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen von der Polizei gesucht. Der Gesuchte hat auf seinem Instagram-account 211.000 Follower. Er präsentiert sich mit Bildern sowie diversen Sportwagen und macht sich über die deutsche Polizei lustig. Seine Schmähungen und Beleidigungen sollen dem iranischen Leser den Eindruck vermitteln, in Deutschland sei die Polizei nicht mehr als eine jämmerliche Truppe. Yektaparast bedeutet im Persischen Monotheist.
Er ist in Mönchengladbach geboren und im Rockermilieu von NRW zu einem ganz Großen aufgestiegen. Im Februar 2014 geriet er in Verdacht, einen Clubbruder ermordet zu haben. Dieser Mord ist Paradebeispiel der Brutalität. Das Opfer ist laut Anklage in einem Autoanhänger erschossen und anschließend zerstückelt worden. Leichenteile wurden später gefunden. Polizei und SEK stürmten am 28. Juli 2016 Yektaparasts Wohnung. Er setzte sich später in den Iran ab.
Man wundert sich, welche Personen und Charaktere bar jeglicher religiöser oder politischer Motivation im Dienst der Islamischen Republik hinter antisemitischen und antiisraelischen Terroraktionen stehen. Entscheidend scheint der Kampf selbst zu sein, alles andere, Ideologie, Glaube oder Politik, ist unwichtig.
Tarnungen, die Bände sprechen
Verwunderlich ist auch, mit welcher aufwändiger Logistik, welchen diffizilen Überlegungen, Planungen, Täuschungen und Verstellungen einige Terroraktionen geplant und ausgeführt werden. Oft jenseits dessen, was man von einem politischen oder schiitischen Gläubigen kennt.
Ein weiteres Beispiel:
Ende Januar 2012 kommen sechs iranische „Tourist*innen“, eine Frau und fünf junge Männer, auf der thailändischen Insel Phuket an. Sie wohnen in unterschiedlichen Hotels, die Männer amüsieren sich tagelang in Bars, holen Prostituierte auf ihre Zimmern, amüsieren sich an den Stränden und in den Vergnügungsvierteln. Sie sollen den Eindruck erwecken, ganz normale Touristen zu sein. All dies wurde später gerichtlich festgestellt, Bilder und Videos davon gibt es in den Sozialen Medien. Diese „Touristen“ reisen dann in die Hauptstadt Bangkok. Dort hatte ein Vorauskommando Wohnungen besorgt, Utensilien für den Bombenbau vorbereitet und notwendige Ausspähungen durchgeführt.
Am 14. Februar 2012 erschüttern schließlich drei Explosionen das Diplomatenviertel Bangkoks. Fünf Menschen werden verletzt, ein Polizist getötet, ein Attentäter verliert beide Beine, als eine Granate hochgeht. Die thailändische Polizei verhaftet drei iranische Staatsbürger und stellt später fest, Ziel dieser Terroraktion seien israelische Diplomaten und israelische Touristen gewesen. Bilder und Dokumente des merkwürdigen Aufenthalts der Iraner*innen in Thailand werden vor Gericht präsentiert und in den sozialen Medien verbreitet. Die Iraner werden schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Nur acht Jahre bleiben sie im Gefängnis.
Eine Wissenschaftlerin gegen drei Terroristen
Fortsetzung auf Seite 2