Präsident Pezeshkian stellt neues Kabinett vor: Reformisten unzufrieden

Der neue iranische Präsident Masoud Pezeshkian hat mehr als einen Monat nach seiner Wahl dem Islamischen Parlament Majlis seine Vorschläge für das Kabinett präsentiert. Die Liste der vorgeschlagenen Minister*innen wurde am Sonntag, dem 11. August, in einem Schreiben an Mohammad Bagher Ghalibaf, den Vorsitzenden des Parlaments, übermittelt und dort öffentlich verlesen.

In Pezeshkians Kabinett verbleiben demnach zwei Minister aus der vorherigen Regierung des Hardliners Ibrahim Raisi: Ismail Khatib als Minister für Geheimdienste und Amin Hossein Rahimi als Justizminister. Abbas Aliabadi, der in der vorherigen Regierung Minister für Industrie, Bergbau und Handel war, soll künftig Energieminister werden.

Eine der bemerkenswerten Nominierungen ist die von Abbas Araghchi als Außenminister. Araghchi war unter der moderaten Regierung von Hassan Rohani einer der Hauptverhandler des iranischen Atomdeals mit dem Westen und wurde nach dem Raisis Amtsantritt entlassen. Während des Präsidentschaftswahlkampfs war er außenpolitischer Berater von Pezeshkian und kritisierte mehrfach den konservativen Konkurrenten Saeed Jalili. Am Donnerstag, dem 1. August, hatte Pezeshkian zudem den ehemaligen Außenminister Mohammad Javad Zarif zu seinem „strategischen Berater“ ernannt.

Ein weiteres bedeutendes Detail des neuen Kabinetts ist die Nominierung von Farzaneh Sadegh als Ministerin für Straßen- und Städtebau. Die 1976 geborene Architektin und Stadtplanerin wäre die erste Frau in dieser Position und erst die zweite weibliche Ministerin in der Geschichte der Islamischen Republik Iran, nach Marzieh Vahid Dastjerdi, die unter Hardliner Mahmoud Ahmadinejad Gesundheitsministerin war. Sadegh war im zweiten Kabinett Rohanis stellvertretende Ministerin für Städtebau und Sekretärin des Obersten Rates für Städtebau und Architektur in Iran. Ihre Rolle in der iranischen Städtebaupolitik ist von großer Bedeutung. Sie hatte sich im vergangenen Jahr in offenen Briefe an den Teheraner Bürgermeister Alireza Zakani kritisch zur Bebauung alter Stadtteile geäußert.

Die Qualifikationen der 19 vorgeschlagenen Minister*innen werden in dieser Woche in den zuständigen Parlamentsausschüssen geprüft, bevor in der kommenden Woche das gesamte Parlament über ihre Eignung entscheidet.

In Übereinstimmung mit der seit Jahrzehnten üblichen Praxis wurden die Namen der Minister für Geheimdienste, Verteidigung und Außenpolitik nach Absprache und Genehmigung durch den Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei bekannt gegeben. Pezeshkian hatte bereits nach seiner Wahl angekündigt, seine Kabinettsliste dem Obersten Führer zur „Abstimmung und Beratung“ vorzulegen, bevor er sie dem Parlament übermittelt.

Die Nominierungen haben unter den iranischen Reformer*innen, die Pezeshkian bei der Präsidentschaftswahl unterstützt hatten, Unzufriedenheit hervorgerufen. Javad Emam, der Sprecher der Reformer, äußerte, dass einige Mitglieder des neuen Kabinetts weder mit der Reformbewegung in Verbindung stünden noch eine moderate Haltung einnehmen würden. Andere seien dafür bekannt, jegliche Veränderung abzulehnen. Emam kritisierte weiter, dass das vorgeschlagene Kabinett die fortgesetzte Dominanz des Militärs und paramilitärischer Kräfte in der Politik widerspiegele. Vor der Vorstellung des Kabinetts hatte Pezeshkian Mohammad Eslami, den Leiter der iranischen Atomenergieorganisation während der Amtszeit Raisis, in seinem Amt bestätigt, was ebenfalls auf Kritik stieß.

Die Reformfront hatte in einem offenen Brief an Pezeshkian bereits vor einer zu engen Auswahl und der Enttäuschung der Wähler*innen gewarnt. Sie betonten, dass es von größter Bedeutung sei, der Bevölkerung nach der Regierungsbildung Hoffnung zu geben, um das Vertrauen der Wähler*innen zu bewahren und die politischen Versprechen durchsetzen zu können.

Die Reformfront, die Pezeshkian als ihren Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl unterstützte, ist die bekannteste Koalition reformorientierter Gruppen im Iran und wurde im Jahr 2020 gegründet.

Foto: president.ir

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