Iranische Soziolog*innen fordern Aufhebung des neuen Hijab-Gesetzes
99 iranische Soziolog*innen haben in einer Erklärung die kürzlich verabschiedete Gesetzesvorlage „zur Förderung von Keuschheit und Hijab“ scharf kritisiert und deren Aufhebung gefordert. Die am Montag, den 16. Dezember, veröffentlichte Erklärung bezeichnet das Gesetz als „pseudolegal“. Es bedrohe den gesellschaftlichen Frieden und stehe im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit sowie zu Bürger- und Frauenrechten.
Die Unterzeichner*innen betonen, dass Gesetze soziale Normen fördern und nicht verschärfen sollten. Stattdessen werde durch das neue Hijab-Gesetz die Kontrolle über Frauen verschärft, was „Gewalt, Unsicherheit und gesellschaftliche Polarisierung“ befeuere. Zudem werfen sie dem Staat vor, Religion für politische Zwecke zu instrumentalisieren, was nicht nur zu psychischem Druck auf Gläubige führe, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährde.
Weiter warnen sie vor gefährlichen Folgen wie verschärften sozialen Konflikten, wachsenden Protesten und einer weiteren Spaltung der Gesellschaft. Sie fordern daher die umgehende Annullierung des Gesetzes, das sie als diskriminierend und unvereinbar mit den Bedürfnissen der Gesellschaft ansehen.
Die „Hijab und Keuschheit“-Gesetzesvorlage wurde im September 2023 vom Islamischen Parlament, Majlis, verabschiedet, ein Jahr nach dem Tod von Mahsa Jina Amini und den landesweiten „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten. Es enthält strenge Strafen für Frauen, die sich nicht an die vorgeschriebene Kleiderordnung halten.
Trotz scharfer Kritik und wachsender Proteste wurde die Umsetzung des Gesetzes bislang nicht offiziell ausgesetzt. Zwei Parlamentsabgeordnete erklärten jedoch am 14. Dezember, dass die Einführung aufgrund eines Beschlusses des Nationalen Sicherheitsrates vorerst verschoben werde.
Foto: Parsine