Wachsende Proteste gegen das neue Kopftuchgesetz in Iran

Die Kritik an dem sogenannten „Gesetz zur Förderung von Keuschheit und Hijab“ in Iran nimmt weiter zu. Am Mittwoch, dem 4. Dezember, veröffentlichten drei große kulturelle Vereinigungen Irans – das House of Cinema, das Iran Music Haus und das Theater Forum – eine gemeinsame Erklärung, in der sie das Gesetz als „volksfeindlich und spalterisch“ bezeichneten und dessen Abschaffung forderten.

Die Verbände argumentierten, das Gesetz könne „niemals die Akzeptanz der Bevölkerung finden“ und trage dazu bei, „die größte jemals dagewesene nationale Spaltung“ zu verursachen. Sie forderten Jurist*innen und Soziolog*innen auf, die Umsetzung des Gesetzes zu verhindern.

In ihrer Erklärung prangerten sie insbesondere die Bestimmungen des Gesetzes an, die auch Kinder und Jugendliche betreffen. „Ein Gesetz, das Kinder mit einem Lächeln kriminalisiert und ihnen Gefängnis oder Umerziehungsmaßnahmen aufzwingt, wird niemals die Zustimmung der Menschen erhalten,“ heißt es in der Erklärung.

Die Kontroversen um das Gesetz

Das neue Gesetz, das offiziell als „Gesetz zur Unterstützung der Familie durch die Förderung von Keuschheit und Hijab“ bezeichnet wird, sieht hohe Geldstrafen und soziale Einschränkungen für Frauen vor, die sich nicht an die staatlich vorgeschriebene Kleiderordnung halten. Besonders kontrovers ist, dass auch Mädchen im Alter von 9 bis 15 Jahren zur Einhaltung des Kopftuchzwangs verpflichtet werden und bei Verstößen mit Geldstrafen oder „erzieherischen Maßnahmen“ belegt werden können.

Die Bestimmungen gehen jedoch weit über individuelle Strafen hinaus. Laut diesem Gesetz können auch Verantwortliche von Wohnanlagen oder Gewerbeimmobilien, die Aufnahmen von Überwachungskameras nicht an die Behörden weitergeben, mit Geldstrafen belegt werden. Außerdem müssen Fahrer von Internet-Taxis Verstöße ihrer Passagiere gegen die Hijab-Pflicht melden. Designer*innen und Hersteller*innen von Kleidungsstücken oder Spielzeug, die als „förderlich für die Aufhebung des Hijab“ angesehen werden, können ebenfalls bestraft werden.

Prominente Unterstützung für die Proteste

Mehr als 100 bekannte Filmschaffende haben sich den Protesten angeschlossen und in einem offenen Brief das Gesetz als „volksfeindlich“ und „demütigend“ bezeichnet. Sie werfen dem Staat vor, mit dem Gesetz einen „totalen Krieg gegen die Bevölkerung“ zu führen. Unter den Unterzeichner*innen finden sich bekannte Namen wie Rakhshan Bani-Etemad, Fatemeh Motamed-Arya und Masoud Kimiaei.

Die Filmschaffenden prangern an, dass das Gesetz grundlegende Rechte von Frauen und Kindern verletze und eine Ablenkung von den „tatsächlichen Problemen des Landes“ wie wirtschaftliche Missstände und Umweltkrisen sei.

Verstoß gegen Kinderrechte

Besonders scharf wird das Gesetz von Kinderrechtsorganisationen kritisiert. In einer Erklärung von 40 Organisationen und Aktivist*innen heißt es, es sei ein klarer Verstoß gegen die fundamentalen Rechte von Kindern, wie sie sowohl im internationalen Recht als auch in iranischen Gesetzen verankert seien.

Die Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen werde „strukturelle Gewalt“ gegen diese weiter verstärken, so die Unterzeichner*innen. Sie warnten, dass die zusätzlichen Belastungen durch Überwachung und Sanktionen für Kinder zu einer Verschärfung von Problemen wie Schulabbrüchen und psychischen Belastungen führen könnten.

Die Unterzeichner*innen betonten: „Kinderrechte sind weder verhandelbar noch ignorierbar.“ Sie forderten die Regierung auf, die volle Verantwortung für die Konsequenzen der Umsetzung dieses Gesetzes zu übernehmen.

Foto: Social Media

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