Dringender Appell im Fall Rasoulofs

Neun europäische Filmorganisationen haben am Montag ihre tiefe Besorgnis über die bevorstehende Inhaftierung des iranischen Filmemachers und aktuellen Berlinale-Preisträgers Mohammad Rasoulof zum Ausdruck gebracht.

„Wir protestieren nachdrücklich gegen die Vorladung von Mohammad Rasoulof und fordern die iranischen Behörden dringend auf, seine Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Europäischen Filmakademie, der Internationalen Filmfestspiele von Cannes, der Deutschen Filmakademie, der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, des Filmfests Hamburg, des International Documentary Film Festivals Amsterdam (IDFA), des International Filmfestivals Rotterdam (IFFR), des niederländischen Filmfonds und der Accademia del Cinema Italiano-Premi David di Donatello. Die Anklage gegen Rasoulof müsse zurückgezogen und das Reiseverbot gegen ihn sofort und bedingungslos aufgehoben werden. Die europäischen Filmorganisationen forderten Festivals auf der ganzen Welt, Kinos und alle Künstler auf, ebenfalls zu protestieren.

Rasoulofs jüngster Spielfilm Sheytan Vojoud Nadarad (Es gibt kein Böses) wurde am 29. Februar mit dem Goldenen Bären der 70. Berlinale ausgezeichnet. Drei Tage nach der Preisverleihung, an der Rasoulof wegen des Ausreiseverbotes nicht teilnehmen konnte, tauchten in sozialen Netzwerken Meldungen über seine Vorladung durch die Staatsanwaltschaft wegen einer gegen ihn verhängten Haftstrafe auf.

Der Regisseur war 2017 nach der Herstellung seines Filmes Lerd wegen „Propaganda gegen das Regime“ und „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Nachdem sein Anwalt Naser Zarafshan beweisen konnte, dass Rasoulofs Filme nicht regimefeindlich sind, wurde der erste Vorwurf fallen gelassen und Rasoulof im Juli 2019 von einem Revisionsgericht zu einem Jahr Haft und zwei Jahren Arbeits- und Ausreiseverbot verurteilt. Das Hafturteil wurde bisher nicht vollstreckt. In den vergangenen Jahren waren auch gegen andere Filmemacher*innen ähnliche Urteile ergangen, die ebenfalls bisher nicht vollstreckt wurden.

Ein in Teheran lebender Filmemacher sagte auf die Frage des Iran Journals, warum die Filmschaffenden im Iran zu Rasoulofs Vorladung schweigen, wenn jemand wegen seiner künstlerischen Tätigkeit zu Gefängnisstrafen verurteilt werde, müsse das als eine menschenrechtswidrige Tat des Regimes betrachtet werden. „So ist es die Pflicht aller freiheitsliebenden Menschen, dagegen zu protestieren. Im Iran geschieht das seit Jahrzehnten. Was die Vorladung von Rasoulof angeht, sollte man bedenken, dass in der Islamischen Republik in der Regel Verurteilte, die nicht inhaftiert wurden, in unregelmäßigen Abständen von der Justizbehörde oder der Revolutionsgarde vorgeladen werden. Das ist teils Schikane, teils stellen sie den Verurteilten Fragen zu aktuellen oder künftigen Aktivitäten.“ Deshalb sei Rasoulofs Vorladung nichts Ungewöhnliches. „Sollte er verhaftet werden, werden selbstverständlich auch iranische Filmemacher ihre Stimme erheben. So haben zum Beispiel letztes Jahr, als Rasoulof zum Revisionsgericht ging, viele Filmschaffende ihn als Zeichen ihrer Solidarität begleitet.“

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