„Die schwierigste Zusammenarbeit, die ich je hatte“
Der Dokumentarfilm „Wenn Gott schläft“*, der derzeit in deutschen Kinos läuft, befasst sich mit einer Fatwa – einem religiös begründeten Todesurteil – gegen den iranischen Rapper und Gitarristen Shahin Najafi. Der spannende Film begnügt sich nicht mit Islamkritik. Iran Journal hat den Regisseur Till Schauder interviewt.
Iran Journal: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Film über Shahin Najafi** zu machen?
Till Schauder: Für den Soundtrack meines letzten Films, The Iran Job, habe ich von fünf oder sechs iranischen Underground-Musikern Hip Hop- und Rap-Songs lizensiert. Einer dieser Musiker war Shahin. Wir kannten uns damals nicht persönlich, nur über Email. Als wir den Abspann für The Iran Job machten, baten uns einige der anderen Musiker, ihre Namen dort nicht aufzuführen, wenn Shahins Name dort steht. Das hat mich neugierig gemacht, und ich lernte schnell, wie toxisch Shahin schon damals – vor der Fatwa – im Iran war und als wie gefährlich alleine die Assoziation mit ihm eingestuft wurde. Dann kam die Fatwa, just in der Woche, in der unser Film Weltpremiere feierte. So entstand die Idee für Wenn Gott schläft.
Kürzlich zeigte die ARD Ihre Dokumentation „Glaubenskrieger“. Sie handelt von den Aktivitäten junger Schiiten gegen Gewalt im Namen des Islam. Beschäftigt Sie der Islam sehr?
Genau wie viele andere Menschen beschäftige ich mich mit dem Islam. Jetzt, wo diese beiden Filme fertig sind, freue ich mich jedoch wieder auf andere Themen. Mein nächster Film ist in Jamaika angesiedelt.
In Wenn Gott schläft sehen wir, dass Shahin Najafis Freunde Angst haben, mit ihm in engem Kontakt zu stehen. Ist er einsam?
So wie ich ihn erlebt habe, würde ich sagen: Äußerlich und oberflächlich ist er nicht einsam, weil er immer eine Traube von Leuten um sich herum hat, die an seiner Person teilhaben wollen. Innerlich sieht es möglicherweise anders aus.
Er sagt im Film, er sei „ein schwieriger Mensch“. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Es war sicherlich die schwierigste Zusammenarbeit, die ich je mit einem Protagonisten hatte. Zu Shahins Verteidigung muss ich sagen, dass er mich vor sich selbst gewarnt hat. Er sagte mir vorher, ich solle mir gut überlegen, ob ich mit ihm einen Film machen wolle: Er sei verrückt und sehr schwierig. Damit hat er nicht übertrieben. Aber viele der Charakteristika, die ihn im Umgang ’schwierig‘ machen, machen ihn gleichzeitig zu einer interessanten Figur für einen Film.
Wie haben Sie sich dabei gefühlt, mit jemandem zu arbeiten, der zum Tode verurteilt ist und gejagt wird?
Das war nicht immer einfach. Ich bin froh, dass es vorbei ist.
Wer ist das Zielpublikum Ihres Filmes?
Alle, die sich für Meinungsfreiheit, gute Musik, Religion, Politik und eine ungewöhnliche Liebesgeschichte interessieren.
Wie ist die bisherige Resonanz?
Sehr gut. Der Film läuft auf Festivals überall auf der Welt – derzeit in Japan, dann in Spanien und Holland. In den USA haben wir bereits eine Tour durch die Südstaaten gemacht. Es überrascht mich, wie universell Shahins Geschichte zu sein scheint. Es würde mich freuen, wenn auch in Deutschland Leute ins Kino gehen, um den Film zu sehen.
Von wem wurde der Film finanziert?
Von verschiedenen Film-Förderungsanstalten, Stiftungen und TV-Sendern in den USA und Deutschland.♦
Interview: Farhad Payar
*Für Informationen über Spielorte und –termine des Films hier klicken!
**Für Shahin Najafis Stellungnahme zur Fatwa hier klicken! Zur Startseite
Auch diese Artikel können Sie interessieren: