Regisseurinnen im Iran – überraschend und facettenreich

Im Gegensatz zu Milani stand Manijeh Hekmat bisher nur dreimal als Filmemacherin hinter der Kamera. Sie arbeitet hauptsächlich als Produzentin. Ihr bester Film war und ist ihr erster Streifen „Zendan-E Zanan“ („Frauengefängnis“, 2002), der den Alltag in einem Frauengefängnis in Teheran über den Zeitraum von 20 Jahren schildert, 1984 kurz nach der Revolution beginnend, dann 1992 und 2001. Den roten Faden stellt die Protagonistin Mitra dar, die als junges, aufständisches Mädchen in einer verdreckten Zelle den Mord am zweiten Ehemann ihrer Mutter absitzt, der diese schlecht behandelt hatte. Dabei setzt sich der Film mit Vergewaltigung, Prostitution, Korruption, Verbrechen und Drogenabhängigkeit auseinander.

In ihrem neuen Film „Bandar Band“ (2020), einem Roadmovie mit viel Musik und großartigen Landschaftsaufnahmen des überfluteten iranischen Südens, macht Hekmat die junge Generation des Landes mit ihren Hoffnungen, Visionen und ihrem Arbeitseifer zu Held*innen.

Neue Generation

Mittlerweile meldet sich eine neue Generation von Filmemacherinnen zu Wort, die sich sowohl thematisch als auch technisch stark von den vorherigen unterscheidet. Die rapiden technischen Veränderungen in den vergangenen Jahren ermöglichen ihnen, sich hochentwickelter Technologien und digitaler Werkzeuge zu bedienen und damit einfacher qualitativ bessere Filme mit weniger finanziellem Aufwand zu drehen. Dies kommt besonders den Filmemacherinnen zugute, denn sie müssen sich öfter mit Low Budgets zufrieden geben als ihre männlichen Kollegen.

Die thematischen Veränderungen in ihren Filmen spiegeln die sozioökonomischen Umstellungen wider, die hauptsächlich nach dem Krieg zwischen dem Iran und dem Irak (1980-1988) und mit dem Wiederaufbau des Landes begannen. Die neue Generation der Filmemacherinnen reflektiert vornehmlich die Anforderungen, Hindernisse und Probleme, die in dieser Zeit im privaten Bereich der Menschen entstehen. Narges Abyar (*1970), Aida Panahandeh (*1980), Faezeh Azizkhani (*1982), Mina Akbari (*1977), Tina Parkravan (*1977), Marjan Ashrafizadeh (*1982), Sohila Golestani (*1981) und Yalda Djebeli (*1981) gehören zu dieser Generation. Thematisch wenden sie sich den unterschiedlichsten Sujets zu.

Aida Panahandeh gehört zu den wichtigsten Newcomern des iranischen Kinos
Aida Panahandeh gehört zu den wichtigsten Newcomern des iranischen Kinos

Liebe als Lösung?

Die Themen, die Aida Panahandeh in ihren bisher zwei Spielfilmen „Nahid“ (2015) und „Israfil“ (2017) behandelt, beziehen sich auf das Konzept der „Ehe auf Zeit“ und eine Art iranischer Dreiecksliebe. In ihrem ersten Werk schildert sie eine weibliche Welt voller Liebe und Leidenschaft, die in einer von Männern und Mullahs bestimmten Gesellschaft nicht auszuleben sind. Nahid ist eine alleinstehende Mutter, die ihren Sohn liebt und mit ihm lebt. Als sie sich verliebt, muss sie eine „Ehe auf Zeit“ eingehen, damit ihr das Sorgerecht nicht entzogen wird. Trotzdem entführt ihr Exmann den Sohn und stellt Nahid vor eine schwierige Entscheidung: Kind oder Liebe?

In „Israfil“ muss sich ein Mann zwischen zwei Frauen entscheiden. Behrooz hatte vor zwanzig Jahren eine romantische Liebesbeziehung mit Mahi. Nachdem ihre Liebe scheiterte, ging er fort. Nun kehrt er zurück, um ein junges Mädchen namens Sara zu heiraten. Bei der ersten Begegnung entflammt die alte Leidenschaft zwischen Mahi und Behrooz erneut.

Mit der Liebe befasst sich Tina Pakravan nur in einem der drei Filme, die sie bislang drehte: „Midnight Happened“ (2015). Der Film erzählt keine übliche Lovestory à la Arthur Hiller, sondern die Geschichte einer unkonventionellen Liebe zwischen einem jungen Mann und einer älteren Frau aus verschiedenen sozialen Schichten. Ziba (Roya Nonahali) ist eine Frau mittleren Alters, die mit ihrem jungen Sohn Amir lebt und als Köchin bei einem Veranstaltungsunternehmen arbeitet. Als dort ein junger Sänger angestellt wird, bahnt sich zwischen ihnen eine romantische Liebe an, die mit seinem Heiratsantrag öffentlich wird. Da lehnen sich die Moralhüter*innen jeglicher Couleur auf und versuchen mit allen Mitteln, Zibas Glück zu verhindern.

Mit einer streng moralischen Haltung behandelt Pakravan die Geldprobleme dreier Ehepaare in ihrem ersten Episodenfilm „Khanoom“ (2013). Obwohl die finanzielle Misere jeweils von den Ehemännern verursacht wurde, müssen die Frauen sich dafür nach traditionell-religiösem Muster aufopfern. Sonst würde der Manager ins Ausland flüchten, der Musiker sein Klavier verkaufen, der gelähmte Arbeiter sich umbringen. Obgleich die Ehefrauen selbständig handeln und für den Lebensunterhalt der Familie sorgen, bräuchten sie eine männliche Obhut, so der Tenor des Films.

Pakravan, die mit Regisseuren wie Dariusch Mehrjoii, Bahram Byzaii, Masud Kimiaii und auch mit dem umstrittenen Filmemacher Masud Dehnamaki gearbeitet hat, wirft in ihrem dokumentarisch anmutenden Werk keine Fragen über die Stellung der Frauen in der iranischen Familie und Gesellschaft auf. Sie präsentiert bequem und kraftlos ein puritanisches Rezept für Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen jeglicher Art.

Starregisseurin mit Kopftuch
Fortsetzung auf Seite 4