Schicksal eines ominösen Bündnisses

Die Islamische Republik Iran hat die Strategie zur Durchsetzung ihrer Interessen in der Region in den vergangenen Jahren verändert und neben ihrem ökonomischen und politischen auch ihren militärischen Einfluss im Nachbarland gestärkt. Dabei kam es zu immer häufigeren Besuchen von Qassem Soleymani, dem Chef der Quds-Brigaden – die Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden für exterritoriale Operationen – im Irak.
Die Islamische Republik hatte es seit ihrer Gründung im Jahr 1979 geschafft, viele ihrer politischen Maßnahmen im In- und Ausland mit den Revolutionsgardekorps durchzuführen. Dies führte 1982 zur Bildung der Hisbollah im Libanon. Von den Aktivitäten dieser schiitischen Milizen in der Region hat Teheran in den vergangenen 37 Jahren am meisten profitiert. Wegen dieser „guten“ Erfahrungen beteiligte sich die Islamische Republik an der Bildung einer neuen paramilitärischen Kraft, der schiitischen Hashd al-Sha’abi. Die Aktivitäten dieser Gruppe im Kampf gegen den IS waren gerechtfertigt und sogar populär, aber nach der Niederlage des IS war die Existenz solcher Truppen überflüssig geworden. Trotzdem gewann Hashd al-Sha’abi mit Unterstützung des Iran weiter an Einfluss. So kam es zu zwei Luftangriffen auf militärische Ziele im Irak, in denen iranische Armeespezialisten und Waffen vermutet wurden. Diese Angriffe im Juli 2019 wurden Israel zugeschrieben.

General Soleimani bei einem Besuch in der autonomen Region Kurdistan im Irak
General Soleimani, Chef der Qods-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden, bei einem Besuch in der autonomen Region Kurdistan im Irak

 
Zwischen den Fronten
Die neuen militärischen und politischen Entwicklungen machten die irakische Gesellschaft auf eine große Gefahr aufmerksam. Ihr wurde allmählich bewusst, dass sie sich im Strudel des langjährigen Interessenkonfliktes zwischen dem Iran, den USA und Israel befindet. Währenddessen steigerten die USA den Druck auf den Iran. Mit den neuen Sanktionen ist er noch mehr auf wirtschaftlichen Beziehungen zum Irak angewiesen , denn das Nachbarland ist von den US-Sanktionen gegen den Iran ausgenommen.
Nun wackelt die alte politische Beziehung zwischen Teheran und Bagdad. Der politische Machtkampf und die Wachsamkeit der irakischen Gesellschaft schränkt den weitreichenden Einfluss der Islamischen Republik im Irak ein. Der Widerstand gegen den iranischen Einfluss ist so groß, dass die Protestierenden alles zerstören und anzünden, was die kleinste Verbindung mit dem Iran vermuten lässt. So wurde etwa eine Autobahn umbenannt, die den Namen des Gründers der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Ruhollah Chomeini, trug. Auch ging das Mausoleum von Ayatollah Hakim, einem Unterstützer der Islamischen Republik, in Flammen auf. Ebenso wurden einige hochrangige Mitglieder der dem Iran nahestehenden Milizen al-Haschd asch-Schabi getötet.
Die Proteste dauern an, aber ihre Intensität hat nachgelassen. Zu dieser Entwicklung haben mehrere Faktoren beigetragen, etwa die Fatwas der Großayatollahs Ali as-Sistani oder Sadegh Hosseini Shirasi zum Gewaltverzicht. Beide Geistlichen stehen der Islamischen Republik kritisch gegenüber und haben die Forderungen der Protestierenden unterstützt. Das Abebben der Proteste liegt auch im Interesse Teherans. Doch einen starken Einfluss des Irans im Irak darf man in Zukunft nicht mehr erwarten.♦
Zur Autorin: Farzaneh Ziaie (Pseudonym) ist Nahost-Expertin, lebt im Iran und schreibt für verschiedene Medien im In- und Ausland.
© Iran Journal

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