Schicksal eines ominösen Bündnisses
Die jüngsten Proteste im Irak waren anders als die Aufstände des sogenannten „Arabischen Frühlings“, die ab Dezember 2010 mehrere arabische Länder erschütterten. Ebenso unterscheiden sie sich von vergangenen Widerständen im Irak. An einem Punkt zeigten sich die Unterschiede am deutlichsten: in der Konfrontation mit dem Nachbarland Iran, das seit einem Jahrzehnt für den Irak die Rolle des großen Bruders spielt.
Von Farzaneh Ziaie
Nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein im Jahr 2003 waren die Gegner des neuen Systems im Irak vor allem Terroristen, die ihrer Unzufriedenheit durch Bombenanschläge Ausdruck verliehen. Mittlerweile hat die Unzufriedenheit breitere Schichten der irakischen Bevölkerung erreicht, die sie durch große Kundgebungen, politische Parolen, das Verbrennen von Flaggen, Angriffe gegen Sicherheitskräfte und Konsulate sowie Brandanschläge gegen „heilige Stätten“ kundtut.
Die jüngsten Proteste im Irak begannen Anfang Oktober durch Aufrufe in den sozialen Netzwerken. Keine Gruppierung oder Partei bekannte sich zu diesen Aufrufen, und die Proteste verliefen ohne Anführer. Nichtsdestotrotz wurde spekuliert, dass es sich bei ihren Dirigenten um Anhänger der Baath-Partei und panarabische Kräfte handele. Beide Gruppen sind traditionell gegen den Iran eingestellt und hatten zeitweise extremistische sunnitische Gruppen auf ihrer Seite.
In der ersten Woche richteten sich die Proteste gegen die wirtschaftliche Misere des Landes und die Korruption innerhalb der Regierung – keine neuen Probleme im Irak. Nach und nach kamen jedoch Parolen gegen die Regierung und für den Rücktritt von Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi dazu. Der Regierung wurde vorgeworfen, sie würde zu sehr von Teheran beeinflusst. Der Irak solle sich vom Iran distanzieren, forderten die Protestierenden. Damit geht in den politischen Entwicklungen des Irak ein neues Kapitel auf.
Während die irakische Regierung versuchte, die Protestierenden mit Gesetzesänderungen und ökonomischen Versprechen zu beruhigen, nahm die Anzahl der Protestierenden dennoch Tag für Tag zu, und die Parolen wurden schärfer und bedrohlicher.
Ein neues Bündnis
Einen Wendepunkt der Protestbewegung waren Kundgebungen vor den iranischen Konsulaten in Nadschaf und Karbala. Damit kamen verborgene Beziehungen ans Licht. Es entstand ein neues Bündnis: Seite an Seite standen nun die Anhänger von Ayatollah Sadegh Husseini Schirasi, einem Kritiker der Islamischen Republik, die des irakischen Geistlichen Mahmoud Hassani Sorkhi, dem damaligen Ministerpräsidenten Iraks Haider al-Abadi nahestehende politische Strömungen, Anhänger des irakischen Geistlichen und Politikers Muqtada as-Sadr sowie die Anhänger der Baath-Partei und die Panarabisten. Und das, obwohl viele dieser Kräfte in der Vergangenheit – und teilweise bis heute – mit der Islamischen Republik Iran sympathisierten.
Zusätzlich gossen die Stellungnahmen vom Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei gegen die Proteste im Nachbarland Öl ins Feuer. Khamenei bezeichnete die Protestierenden im Irak unter anderem als „Feinde des Irak“. Das bewerten die Protestierenden als „Einmischung in die innere Angelegenheiten“ des Irak..
Iranische Militärs im Irak
Fortsetzung auf Seite 2