Im Schatten der Globalisierung

Die Schwierigkeiten, mit denen der Iran sich in seinen Beziehungen mit dem Ausland, darunter auch mit Deutschland, konfrontiert sieht, hängen nicht nur vom Verhalten der ausländischen Partner ab. Sie sind in erster Linie durch die politischen Verhältnisse im Iran verursacht.
Die Islamische Republik befindet sich seit knapp 40 Jahren in einem „revolutionären“ Zustand – und es besteht auch in absehbarer Zeit keine Aussicht, dass sich daran etwas ändert. Außerdem steht ein erheblicher Teil der iranischen Wirtschaft unter der Kontrolle des Staats, religiöser Stiftungen und militärischer Institutionen. Sie alle zeigen kein Interesse an einer Öffnung des Landes und freiem internationalen Wettbewerb.
Darüber hinaus stellt der Machtkampf zwischen den Gemäßigten um Präsident Hassan Rouhani und den Hardlinern um das Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei ein enormes Hindernis bei wichtigen wirtschaftlichen Entscheidungen dar. Der seit Monaten andauernde Konflikt um die Unterzeichnung des Internationalen Pakts zur Bekämpfung von Geldwäsche (FATF) zwischen den beiden politischen Flügeln ist ein markantes Beispiel dafür: Die Gemäßigten möchten dem Pakt beitreten, die Hardliner sind dagegen.
Die Zustimmung des Iran zu FATF ist allerdings eine Bedingung der EU, um das Land gegen die US-Sanktionen in Schutz zu nehmen.

Im Iranischen Parlament
Harliner und Gemäßigte im iranischen Parlament sind sich  über den Umgang mit dem Westen nicht einig

 
Perspektiven
Der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen hat bei deutschen und europäischen Firmen, die mit dem Iran Geschäfte treiben, große Verunsicherung ausgelöst. Die Bundesregierung und die EU sowie Russland und China haben wiederholt ihr Festhalten an dem Abkommen zugesichert.
Nach dem US-Ausstieg verließen deutsche Autobauer als Erste den Iran. Deutsche Firmen leiden vor allem unter der Schwierigkeit, den Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften zu organisieren. „Wir als Vertreter der deutschen Wirtschaft im Iran appellieren an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, die gesamte Bundesregierung und die EU-Kommission, Wege für eine gesicherte Zahlungsabwicklung mit dem Iran zu finden“, sagte Dagmar von Bohnstein von der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer im Juni dieses Jahres in Teheran. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission verfolgten das Ziel, „effektive Finanzkanäle mit dem Iran zu bewahren und offenzuhalten“, teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage des Iran Journal mit: „Dazu laufen derzeit insbesondere Anstrengungen zur Unterstützung der europäischen Initiative zur Schaffung einer Zweckgesellschaft.“
Die EU hat dem Iran Hoffnungen gemacht, mit einer neuen Finanzinstitution US-Sanktionen umgehen und so das Atomabkommen mit der Islamischen Republik retten zu können. Die Entscheidung für die Einrichtung einer solchen Zweckgesellschaft sei bereits gefallen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini Ende September in New York. Eine neue Handelsplattform soll das Iran-Geschäft vom globalen Finanzsystem abkoppeln. Allerdings erwartet die EU Gegenleistungen vom Iran: etwa eine Revision der radikalen Außenpolitik in der Region insbesondere gegenüber Israel. Auch das iranische Raketenprogramm steht zur Debatte. Diese Forderungen allerdings tangieren „essentielle Werte“ der Islamischen Republik, die aus Sicht der iranischen Führung nicht diskutabel sind.
  JAVAD KOOROSHY
© Iran Journal

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