Eine verbale Schlammschlacht

Seit die Proteste infolge der Rationierung und Preiserhöhung von Benzin im Iran vor einigen Tagen abebbten, hat im Iran eine verbale Schlammschlacht begonnen. Hier einige Beispiele – von Nasrin Bassiri
Am vergangenen Freitag twitterte Parvaneh Salahshouri, Abgeordnete des iranischen Parlaments: „Die iranische Bevölkerung, die sich über ihren Lebensunterhalt Sorgen macht, hat ihren Protest kundgetan. Jung und Alt erhielten lediglich Schüsse und Verhaftungen zur Antwort. Eine Reihe von Saboteuren wurde ihnen zur Seite gestellt. Der Kampf gegen die Menschen wurde mit dem Weltkrieg und der vierten Schlacht von Kerbela verglichen!“
Eine Reihe von Internet-Usern verlangte daraufhin Salahshouris Verhaftung, auf jeden Fall solle die Justiz ein Ausreiseverbot gegen sie verhängen und sie gleich nach der Wahlperiode verhaften, weil sie unverschämte Lügen verbreite. Einige äußerten gar den Wunsch, die Abgeordnete eigenhändig zu töten. Salahshouri wurde aber von anderen Usern der Sozialen Netzwerke für ihre „mutige Äußerung“ gelobt.
„Ich war nicht informiert“
Am selben Freitag kritisierte die den Hardlinern nahestehende Tageszeitung Mashregh Irans Präsidenten Hassan Rouhani scharf, weil er – aus Unachtsamkeit oder mit Absicht – die „psychische Sicherheit“ der Bevölkerung ins Wanken gebracht habe. Rouhani hatte auf einer Sitzung des Verwaltungsrats der Provinz Aserbaidschan erklärt: „Ich habe die Angelegenheit Benzin dem Innenminister und dem Nationalen Sicherheitsrat übergeben und habe ihnen gesagt, sie sollten mich deshalb weder ansprechen noch darüber informieren.“ Alles sei klar gewesen, die Preiserhöhung unter den Chefs der drei Staatsgewalten vereinbart worden, so Rouhani: „Ich habe gesagt, koordiniert das mit den Fernseh- und Radiosendern und sonst ist alles geregelt. Ich habe am Freitag gar nicht gewusst, ob die Preise an diesem oder am nächsten Freitag erhöht werden, genau so, wie Ihr es nicht wusstet.“
Ebenfalls am Freitag stand Haj Ali Akbari dem Freitagsgebet am Grabe von Republikgründer Ayatollah Ruhollah Chomeini in Ghom vor. Auch er sprach von harten Sanktionen gegen die Protestierenden, die er Banditen nannte. Er kritisierte Rouhani für seine Vorgehensweise und bat ihn, sich bei der Bevölkerung zu entschuldigen.

Eine Bank in der Stadt Behbahan wurde in Brand gesetzt
Bei den Unruhen wurden mehrere Banken (hier  in der Stadt Behbahan) in Brand gesetzt

 
Brutale Vorschläge
Schon zwei Tage zuvor, am Mittwoch, dem 27. November, hatte Ebrahim Bahrampour, der an der Teheraner Universität Religionswissenschaften studiert hat, im staatlichen iranischen Fernsehen erklärt, wie nach islamischem Recht mit Menschen zu verfahren sei, die „unsere Sicherheit gefährden“ und sich zur Zeit in Haft befinden.
Laut Bahrampour sagt der Koran ausdrücklich, man solle sie nicht einfach hinrichten. Zuerst müssten sie leiden, sie einfach zu töten, sei zu schön und zu schmerzfrei. Sie müssten durch Leid und Schmerz ums Leben kommen. Im Koran seien drei Schritte als Bestrafung in solchen Fällen angeführt. Bahrampour las Zitate aus dem Koran vor: Erstens solle man die Person leiden lassen, zweitens die Finger der rechten Hand und den linken Fuß so grausam und schmerzhaft wie möglich abschneiden, als dritten Schritt die Person sich selbst überlassen oder sie ins Exil schicken, am besten an einen Ort mit grausamem Klima, oder sie in ein Boot setzen und dort verweilen lassen, bis sie stirbt, oder sie, nachdem sie genug gelitten haben, öffentlich genau dort erhängen, wo das Verbrechen begangen wurde.
Bahrampour widersprach denen, die behaupteten, es handele sich bei den Protestierenden um junge und sensible Menschen, die emotional gehandelt hätten, und man solle deshalb Milde walten lassen. Er fragt, warum sie, wenn sie aus Emotionalität handeln, nicht die islamische Ordnung stärken? Würden man diese Menschen lediglich belehren, „hätten sie uns schon vor einige Tagen umbringen können“, so Bahrampour. Man solle statt dessen „diejenigen, die behaupten, wir sollten milde reagieren, ebenfalls festnehmen und zu den Unruhestiftern ins Gefängnis stecken. Sie sind genauso schuldig wie die Unruhestifter und sollen genauso wie sie unsere Härte spüren.“
  NASRIN BASSIRI
© Iran Journal

Zur Startseite

Die Beiträge in diesem Dossier können Sie auch interessieren:
Sechs Tage Unruhen im Iran