Ein Mord löst Debatten über Frauenrechte im Islam aus

Ein anderer kontrovers diskutierter Aspekt der Debatte um den Mord an Romina Ashrafi ist das Recht von Frauen auf eine Liebesbeziehung zu einem Mann.

Ein 14-jähriges Mädchen dürfe keine Beziehung haben und mit einem Mann weglaufen, rechtfertigen einige Nutzer die Reaktion des Vaters. Andere geißeln Rominas Partner – Berichten zufolge 15 Jahre älter als das Mädchen – als pädophil und hinterfragen sein Verhältnis zu dem jungen Mädchen. Sind dann Ehemänner bei den im Iran erlaubten Kinderehen pädophil, fragen wieder andere Nutzer*innen.

Im Iran liegt das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen bei 13 Jahren, für Jungen bei 15. Eltern von jüngeren Mädchen können von einem Richter deren „Heiratsreife“ bestätigen lassen.

Die Reformisten sind schuld“

Und die Diskussion im Netz zeigt Wirkung bis in höchste Kreise der iranischen Politik. „Den Mord an Romina Ashrafi haben diejenigen zu verantworten, die mit falscher Bildungspolitik (2030) und fehlender Kontrolle über die sozialen Netzwerke eine sexuelle Frühreife der Jugendlichen herbeigeführt haben“, twitterte etwa Kobra Khazali am 26. Mai. Die Tochter eines erzkonservativen Geistlichen ist Mitglied des staatlichen Rates für Frauen und Familie und stellt sich in ihrem Twitter-Account als Aktivistin für Frauen- und Familienrecht vor.

Mit 2030 weist sie auf die 2015 verabschiedete globale Bildungsagenda der UNESCO „Bildung 2030“ hin, die unter anderem dazu verpflichtet, den Zugang zu Bildung für alle Kinder und Menschen unabhängig vom Geschlecht und Religion, zu sichern. Im Iran wurde sie nach heftigem Streit zwischen konservativen Institutionen und der Regierung 2017 ad acta gelegt.

Auf Kritik der Hardliner war die in der Agenda geforderte Gleichstellung der Geschlechter gestoßen, die laut UNESCO „alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen“ soll. Konservative bewerten dies als Verstoß gegen islamische Normen.

Selbst Irans Präsident Hassan Rouhani äußerte am 27. Mai während einer Kabinettssitzung sein Bedauern über den Mord und verlangte eine schnellere Bearbeitung eines Gesetzentwurfs gegen Gewalt gegen Frauen.

Der Entwurf wurde bereits vor knapp acht Jahren von der Regierung aufgesetzt. Nach langer Auseinandersetzung schickte ihn die Justiz im vergangenen September zwecks Verbesserung an die Regierung zurück. Danach muss er noch vom Parlament verabschiedet und vom Wächterrat ratifiziert werden.

Auch der iranische Vizejustizminister Mahmoud Abbasi äußerte sich zu dem Mord und kritisierte den Vater, „der noch im Mittelalter lebt und seine Tochter als sein Eigentum betrachtet“. Abbasi verlangte „eine harte Strafe für das schreckliche Verbrechen“.♦

© Iran Journal

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