Wohin mit dem Atom-Programm des Iran?
Eine Momentaufnahme
Die westlichen Länder sind auch verzweifelt, wie sie mit dem islamischen Regime umgehen sollen. Zuerst hatte man sich mit den Vertretern des Ex-Präsidenten Rohani auf das Wieder-Aufleben-Lassen der JCPOA einigermaßen geeinigt. Dann übernahm auf Khameneis Wunsch Ebrahim Raisi die Regierung und legte die Verhandlungen aufs Eis. Später schraubten die IRI-Unterhändler ihre Forderungen hoch.
Doch die revolutionäre Erhebung Frau-Leben-Freiheit im Iran hat das Regime weiter delegitimiert und in die Defensive gedrängt. Nun bettelte das islamische Regime lechzend nach Akzeptanz und Legitimation, irgendwie zu einem Deal zu kommen. Die einhellige Unterstützung der öffentlichen wie veröffentlichten Meinung im Westen war jedoch zu frisch, als dass die westlichen Regierungen ins „Business as usual“ hätten übergehen können.
Und jetzt grübelt der Westen, was man mit diesem Regime anstellen könnte, bevor ein irreversibler Zustand seines NP erreicht ist, der möglicherweise einen Krieg heraufbeschwört.
Fehlleistungen der IRI
Einstweilen versucht die IAEA, alle Versäumnisse der letzten drei Jahre zusammenzufassen, um den Druck auf die IRI zu steigern. Die an den Verhandlungen beteiligten europäischen Länder – Deutschland, Frankreich und Großbritannien – suchen Zuflucht in einer Resolution des IAEA-Boards of Governors (BoG), um das Teheraner Regime möglicherweise vor ernsthafteren Schritten, die folgen könnten, zu warnen.
Die IAEA ist in ihrem Quartalsbericht anlässlich der Tagung des BoG am 3. Juni 2024 dazu übergegangen, alle Versäumnisse der IRI in den letzten Jahren in zwei Berichten aufzulisten: erstens den Verpflichtungen der IRI im Rahmen des Vertrages zur Nicht-Weiterverbreitung der Atomwaffen (NPT) und das daraus spezifisch für den Iran abgeleitete comprehensive safeguard agreement (CSA); zweitens den Verpflichtungen der IRI im Rahmen der Wiener Atomvereinbarung JCPOA.

Im Falle der NPT-Verpflichtungen zählt der Bericht folgende Versäumnisse bzw. Verletzungen auf: Seit drei Jahren hat die IRI ihre Verpflichtungen im Rahmen der JCPOA graduell zurückgefahren, so dass von ihr außer einer rechtlichen Hülle nichts übriggeblieben ist. Zuerst wurden die technischen Einschränkungen ignoriert, zuletzt die Überwachungs- und Inspektionsmöglichkeiten.
Der IAEA-Bericht vom 27. Mai 2024 beanstandet folgende Streitpunkte: An vier nicht deklarierten Standorten wurde Nuklearmaterial – mit anthropogenem Ursprung – gefunden. Die IRI hat die Fragen der IAEA diesbezüglich nur zum Teil für zwei Orte vorerst beantwortet. Für zwei weitere Standorte bedauert die IAEA, dass die IRI unterlassen hätte, technisch glaubwürdige Klarstellungen bzgl. der Existenz der von Menschenhand gemachten Uran-Partikel in den zwei Standorten – Turguzabad und Waramin – bzw. des Verbleibs von kontaminierten Anlagen zu liefern. Und solange diese Fragen nicht geklärt sind, ist die IAEA außerstande, die Richtigkeit und die Vollständigkeit der IRI-Deklarationen zu bestätigen.
Zudem hält die IRI sich nicht an den CSA, im Einzelnen an den modifizierten Code 3.1, der vorschreibt, dass die Regierungen verpflichtet sind, die IAEA sofort nach der Entscheidung über die Errichtung einer nuklearen Anlage zu benachrichtigen. Der Bericht führt u.a. aus, dass die Konstruktionsarbeiten für Atomkraftwerke am Persischen Golf angegangen wurden, ohne die IAEA zu informieren. Diesbezüglich haben beide Seiten unterschiedliche Interpretationen über die Rechtslage.
Der Bericht bekräftigt zudem, dass es in Bezug auf IRI-Verpflichtungen im Rahmen der NPT weiterhin unbeantwortete Fragen gibt, die der IAEA nicht ermöglichen, den ausschließlich friedlichen Charakter des NP der IRI zu bestätigen.
Die IAEA erwähnt, dass die IRI behaupte, alle Materialien, Orte und Aktivitäten gemeldet zu haben. Die IAEA hat ferner präzisiert, dass sie ungeachtet der IRI-Erklärungen ihre Einschätzung weiterhin aufrecht erhält, dass an vier Orten nukleare Aktivitäten stattgefunden hätten und an drei Orten Nuklearmaterial gefunden wurde.
Die IAEA hatte am 4. März 2023 mit den Verantwortlichen der IRI Vereinbarungen bzgl. der Wiederherstellung der Monitoring und Überwachung der Nuklearaktivitäten im Iran getroffen. Die IAEA beklagt, dass auf diesem Feld keine Fortschritte stattgefunden hätten. Zudem äußert sie sich besorgt über Statements seitens IRI- Würdenträgern dahingehend, dass Iran im Besitz der technischen Fähigkeit zum Bau von nuklearen Sprengköpfen sei. Darüber hinaus erhöhten Verlautbarungen, die IRI könnte ihre Nuklear-Doktrin revidieren, diese Besorgnis, so dass die IAEA das islamische Regime auffordert, den Stand der Entwicklung derartiger Nuklearaktivitäten, wie es in der NPT und CSA vorgeschrieben ist, mitzuteilen.
IAEA-Einwände betreffend JCPOA
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