Evin-Gefängnis, Brand, Mahsa Amini

Großbrand und Schüsse im Evin-Gefängnis

Im Teheraner Evin-Gefängnis ist am Samstagabend ein Großbrand ausgebrochen. Die Verantwortlichen und Medien im Iran machen unterschiedliche Angaben zu den Ursachen. Zu dem Brand äußerte sich auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Augenzeugen berichten von mindestens drei Explosionen, Schreien, kontinuierlichen Schüssen und Alarmsirenen. Die Flammen konnten aus Hunderten Metern Entfernung beobachtet und gefilmt werden. Videos davon wurden rasch in den Sozialen Netzwerken veröffentlicht. Berichtet wurde dort auch von Polizei- und Rettungswagen, die auf das Gefängnisgelände gefahren waren.

Ersten unbestätigten Berichten zufolge soll das Feuer gegen 21:00 Uhr Ortszeit in der Sektion sieben des Gefängnisses ausgebrochen sein. Daraufhin sollen Schüsse und Gefängnissirenen zu hören gewesen sein.

Kurz nach den ersten Meldungen wurde in den Sozialen Netzwerken berichtet, dass sich viele Angehörige von Insassen aus Sorge auf den Weg zum Gefängnis gemacht hätten. Im Evin-Gefängnis werden viele der Inhaftierten festgehalten, die bei den Unruhen der vergangenen vier Wochen im Norden der Hauptstadt Teheran verhaftet wurden. Dazu kommen politische Gefangene, Kulturschaffende, Künstler, Schriftsteller, Student:innen, Frauenrechtlerinnen, Aktivist:innen, inhaftierte Doppelstaatler:innen, Mitglieder religiöser Minderheiten, aber auch Kriminelle.

Videos in den Sozialen Netzwerken zeigten stockenden Verkehr in den Straßen rund um das Gefängnis, von der Polizei gesperrte Zufahrten und Verkehrsumleitungen.

Brandursache

Über die Ursache des Brandes in dem Gefängnis gab es in den staatlichen Medien zunächst widersprüchliche. Laut der Nachrichtenagentur der iranischen Regierung, IRNA, soll es im Trakt der Kriminellen einen Aufruhr gegeben haben. Daraufhin soll die Situation bei einer Auseinandersetzung mit Gefängniswärtern eskaliert und dabei die Kleiderkammer in Brand gesetzt worden sein.
Der Teheraner Staatsanwalt Ali Salehi und der Teheraner Gouverneur Mohsen Mansouri bestätigten laut der Nachrichtenagentur ISNA eine Auseinandersetzung von Insassen, ohne nähere Angaben zu machen. Demnach wurde das Feuer um Mitternacht gelöscht und die Situation unter Kontrolle gebracht. Salehi schloss eine mögliche Verbindung zwischen dem Vorfall im Gefängnis und den aktuellen landesweiten Unruhen aus.

Die Pressestelle der iranischen Justiz wiederum hatte kurz nach den Brandmeldungen erklärt, ein Streit unter Wirtschaftskriminellen bei einem Gefängnis-Workshop habe zu dem Feuer geführt.

Viele  Nutzer:innen der Sozialen Netzwerke spekulierten, dass das Regime einen Gefängnisaufstand vorgetäuscht habe, um ihre politische Gegner:innen zu töten.

Zunächst gab es keine offiziellen Angaben zu möglichen Toten beziehungsweise Verletzten. Bislang habe es keine Toten gegeben, zitierte IRNA „eine Rettungskraft vor Ort“ in der Nacht zu Sonntag. Acht Menschen seien verletzt worden.

Die der Revolutionsgarde nahstehende Nachrichtenagentur Fars schrieb, der Brand sei eine „vorsätzliche Tat der Gefangenen“ gewesen. Die Explosionen seien darauf zurückzuführen, dass Gefangene in ein „Minenfeld“ auf Nordseite des Gefängnisses geflüchtet seien. Sie machte keine Abgaben über die Zahl der Opfer. Zahlreiche Internet-User stellten die Frage, ob der Einsatz von Minen in einem Gefängnis erlaubt sei.

Später berichteten Angehörige politischer Gefangener in den Sozialen Netzwerken, dass diese sich aus der Haft telefonisch gemeldet und gesagt hätten, dass sie nicht direkt betroffen seien und es ihnen gut gehe.

Reaktionen im Ausland

„Wir verfolgen die Berichte aus dem Evin-Gefängnis mit großer Dringlichkeit“, schrieb der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price in der Nacht zu Sonntag auf Twitter. Der Iran trage die volle Verantwortung für die Sicherheit dort inhaftierter US-Bürger.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock veröffentlichte am Sonntag zwei Twitts, in denen sie dem Vorfall besondere Beachtung schenkt: „Die Regierung Irans trägt Verantwortung für alle dort Eingesperrten – darunter viele politische Gefangene und Demonstrant*innen. Unsere Botschaft ist dazu seit gestern Abend in ununterbrochenem Kontakt mit den Behörden“.

Die Verantwortung für „jedes im Evin-Gefängnis verlorene Leben“ liege beim religiösen Oberhaupt der Islamischen Republik, Ali Chamenei, und „seinem dämonischen Regime“, schrieb Reza Pahlavi, Sohn des letzten Schahs des Iran, auf Twitter.

In Deutschland organisierten Exiliraner:innen kurzfristig Protestkundgebungen. Sie versammelten sich noch in der Nacht zum Sonntag vor dem Auswärtigen Amt in Berlin sowie dem Konsulat der Islamischen Republik Iran in Frankfurt.

Eine Gruppe in Großbritannien lebender Iraner:innen sollen sich Berichten zufolge vor der iranischen Botschaft in London versammelt haben.

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