Amnesty: Vergiftungen iranischer Schulmädchen offenbar koordiniert 

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine „unabhängige, gründliche und effektive“ Untersuchung der Vergiftungen von Schülerinnen im Iran gefordert. In einem Brief an den iranischen Generalstaatsanwalt Mohammad Javad Montazeri erklärte AI am Dienstag, den 18. April, die Behörden müssten sicherstellen, dass Mädchen gleichen und sicheren Zugang zu Bildung haben und vor jeglicher Form von Gewalt geschützt werden. Amnesty warnte, dass das Recht auf Bildung, Gesundheit und Leben von Millionen von Schülerinnen in Gefahr sei, da immer wieder chemische Gasangriffe auf Mädchenschulen im Iran verübt würden.

Dem Schreiben zufolge wurden seit November mehr als 100 Schulen angegriffen, einige sogar mehrmals.

Laut Amnesty handelt es sich bei den Vergiftungen um eine koordinierte Kampagne, mit der die Schülerinnen für ihre friedliche Beteiligung an den landesweiten Protesten bestraft werden sollen, die Mitte September 2022 im Iran ausgebrochen waren. Dabei geht es demnach unter anderem um Widerstandshandlungen wie das Ablegen des obligatorischen Hidschabs und das Zeigen ihrer Haare in der Öffentlichkeit, während sie die Schuluniform trugen.

Amnesty schreibt: „Einer unabhängigen internationalen Delegation zur Untersuchung der Angriffe, einschließlich des UN-Sonderberichterstatters zur Lage der Menschenrechte im Iran, des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Bildung, des UN-Sonderberichterstatters für Gewalt gegen Frauen und Mädchen, des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Gesundheit und des Ausschusses für die Rechte des Kindes, muss Zugang zum Land gewährt werden.“ Weiter heißt es in dem AI-Schreiben: „Viele Menschen im Iran vermuten, dass mit dem Staat verbundene Akteure oder regierungsnahe Vigilanten, die durch die diskriminierenden und entwürdigenden Gesetze und die Politik des Irans ermächtigt wurden, in die Angriffe verwickelt sind, insbesondere angesichts des Versagens der Behörden, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, und ihrer Versuche, öffentliche Kritik zum Schweigen zu bringen.“

Von etwa 15 Sicherheitsapparaten der Islamischen Republik hat keiner bisher etwas gegen die Massenvergiftungen an den Mädchenschulen unternehmen können. Festgenommen wurden bisher lediglich Personen, die über die Angriffe berichtet hatten.

Die Massenvergiftungen an iranischen Mädchenschulen begannen im November in der erzkonservativen Stadt Qom. Seit Februar ist kaum ein Tag ohne Berichte von Angriffen auf Schulen vergangen. Die staatlichen Behörden stritten die Ereignisse zunächst kategorisch ab. Nachdem sie nicht mehr zu leugnen waren, sprachen die Zuständigen von “Massenhysterie”  und “kindischen Abenteuern”. 

Später bezeichnete der “Oberste Führer” der Islamischen Republik, Ayatollah Khamenei, die Angriffe als „unverzeihliches Verbrechen“. Seitdem behaupten Polizei und Sicherheitsdienste, die Sache gründlich zu untersuchen. Das hat bislang jedoch zu keinem Erfolg geführt. 

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