Neue Details über Folter und Drohungen gegen Hossein Shanbehzadeh
Ein Jahr nach der Festnahme des iranischen Übersetzers Hossein Shanbehzadeh berichtet eine Quelle gegenüber BBC Persian erstmals ausführlich über die Umstände seiner Verhaftung, Misshandlungen während der Haft und erzwungene Geständnisse. Shanbehzadeh, der inzwischen als „Punkt-Gefangener“ bekannt ist, wurde am 4. Juni 2024 beim Mittagessen in einem Restaurant in Ardebil im Nordwesten Irans gewaltsam festgenommen – angeblich wegen eines Punktes, den er als Kommentar unter einen Tweet des offiziellen Accounts vom Obersten Führer der Islamischen Republik Ayatollah Khamenei gesetzt hatte. Der Kommentar von Shanbehzadeh hatte mehr Likes bekommen als der originale Post von Khamenei.
Die Sicherheitskräfte warfen ihm zunächst „Propaganda gegen das System“ vor, doch kurz darauf verbreiteten staatliche Medien die Nachricht, Shanbehzadeh sei ein „flüchtiger Mossad-Spion“. Familienmitglieder wiesen diese Anschuldigungen zurück und verwiesen darauf, dass er offen auf X (ehemals Twitter) über seine Reise nach Ardebil geschrieben und Fotos gepostet hatte.
Laut der BBC wurde er nach seiner Verhaftung schwer geschlagen, unter Druck gesetzt, sein Handy-Passwort herauszugeben, und gezwungen, vorformulierte Beiträge auf seinem Profil zu veröffentlichen. Anschließend wurde er in den berüchtigten Trakt 209 des Evin-Gefängnisses verlegt und 24 Tage in Einzelhaft gehalten. Dort sei er erniedrigt, psychisch gefoltert und mit der Ermordung seines sechsjährigen Neffen bedroht worden, sollte er sich weigern, ein falsches Geständnis im Fernsehen abzulegen.
Laut seiner Quelle sagte Shanbehzadeh: „Ich hätte alles gestanden – vom Mord an Jesus bis zu [Ebrahim] Raisi.“ Die Behörden bezichtigten ihn der Spionage für Israel, der Beleidigung religiöser Autoritäten und der Zusammenarbeit mit einem „Feindstaat“. Insgesamt wurde er zu zwölf Jahren Haft verurteilt, fünf Jahre davon gelten als vollstreckbar.
Sein Anwalt Amir Raesian kritisierte das Verfahren und wies darauf hin, dass sich die Anklage hauptsächlich auf private Chatnachrichten mit satirischem Inhalt gestützt habe. Shanbehzadeh habe auf Druck sogar auf das Recht auf Berufung verzichtet. Die Verhöre seien brutal gewesen: Er sei gezwungen worden, sich auszuziehen, und damit bedroht worden, man werde seine Familie vernichten. Konkret soll ein Verhörer ihn damit bedroht haben, seinen sechsjährigen Neffen zu töten.
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