Verhaftung eines Lektors vermeintlich wegen eines Punkts

Der bekannte Verlagslektor und Blogger Hossein Shanbehzadeh ist am Dienstag, den 4. Juni, in Ardabil im Nordwesten Irans verhaftet worden. Shanbehzadeh bestätigte seine Inhaftierung in einem kurzen Telefonat mit seiner Familie.

Mehrere Nachrichtenkanäle und Nutzer*innen sozialer Medien berichteten am Dienstag über die Verhaftung von Shanbehzadeh. Sein Bruder, Abbas Shanbehzadeh, hatte am Dienstagabend zunächst erklärt, dass bisherige Versuche, Kontakt mit ihm aufzunehmen, erfolglos geblieben seien und die Familie über seinen Verbleib im Unklaren sei. Einige Stunden später schrieb er, dass sein Bruder aus dem Gefängnis angerufen und von seiner Verhaftung berichtet habe.

Der Account von Hossein Shanbehzadeh auf der Plattform X (ehemals Twitter) ist ebenfalls nicht mehr erreichbar. Laut Angaben seines Bruders wurde der letzte Tweet auf diesem Account offenbar nicht von ihm selbst veröffentlicht.

Obwohl die offizielle Begründung für die Verhaftung von Shanbehzadeh bisher nicht bekannt ist, vermuten viele, dass dessen Reaktion auf einen Tweet des Obersten Führers der Islamischen Republik, Ali Khamenei, der Auslöser war. Dort war kürzlich ein Text mit einem Foto Khameneis mit der Schülernationalmannschaft im Volleyball veröffentlicht worden, bei dem der Punkt am Ende eines Satzes fehlte. Shanbehzadeh hatte daraufhin lediglich einen Punkt als Kommentar unter das Bild gesetzt.

Diese Vermutung hat bereits eine breite Debatte in den sozialen Medien ausgelöst. Viele Nutzer*innen kommentierten, dass das Regime selbst vor einem einfachen Punkt Angst habe; manche bezeichneten die Verhaftung Shanbehzadehs als Entführung.

Shanbehzadeh war bereits 2019 wegen seiner Aktivitäten in den sozialen Medien und wegen des Vorwurfs der „Beleidigung der Heiligkeiten und des Obersten Führers“ angeklagt und verurteilt worden. Bis 2019 war er unter einem Pseudonym auf der Plattform X aktiv. Er ist bekannt für seine Arbeit als Verlagslektor und Übersetzer bedeutender literarischer Werke.

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