Neue Anklage kurz vor Freilassung

Während die Haft der politischen Gefangenen Nazanin Zaghari-Ratcliffe in circa sechs Monaten endet, sei gegen sie eine neue Anklage erhoben worden. Dies berichtete die Nachrichtenagentur des staatlichen Rundfunks im Iran, IRIB, am Dienstag. Die neuen Anschuldigungen seien Zaghari-Ratcliffe und ihrem Anwalt am Dienstagsvormittag im Teheraner Revolutionsgericht offiziell mitgeteilt worden.

Weitere Einzelheiten dazu sind bisher nicht bekannt.

Die Gefängnisstrafe, die die Doppelstaatlerin derzeit verbüßt, wird oft mit einem Rechtsstreit zwischen Teheran und London in Verbindung gebracht. Das Schah-Regime soll kurz vor seinem Sturz 1979 in Großbritannien mehrere hundert Chieftain-Panzer bestellt haben. Deren Lieferung sei jedoch nach der Islamischen Revolution 1979 nicht vollendet worden, so der Vorwurf der Islamischen Republik, die deshalb über 400 Millionen Schuldenausgleich und Zinsen von Großbritannien verlangt.

Teheran bestreitet jegliche Verbindung zwischen den beiden Angelegenheiten. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace habe inzwischen jedoch erstmals bestätigt, dass er versuche, eine Schuld bei der iranischen Regierung zu begleichen, berichtete die britische Zeitung The Guardian am Freitag. Dies könne zur Freilassung britischer Doppelstaatler*innen wie Nazanin Zaghari-Ratcliffe beitragen, zitierte die Zeitung den Minister.

Zaghari-Ratcliffe war Projektleiterin bei der gemeinnützigen Thomson-Reuters-Stiftung, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt, unabhängigen Journalismus und Rechtsstaatlichkeit fördert. Sie wurde im April 2016 am Teheraner Imam-Khomeini-Flughafen festgenommen, als sie sich mit ihrer damals 22 Monate alten Tochter nach einem Besuch bei ihrer Familie in Teheran auf der Rückreise nach Großbritannien befand.

Im Januar 2017 wurde eine fünfjährige Haftstrafe gegen die 42-Jährige in zweiter Instanz bestätigt. Der iranischen Justiz zufolge soll Zaghari-Ratcliffe in Verbindung mit iranischen Unternehmen und Organisationen gestanden haben, die mit dem Ausland zusammenarbeiten und einen „sanften Umsturz“ im Iran planen. Die Familie und die Thomson-Reuters-Stiftung weisen die Anschuldigung zurück. Zaghari-Ratcliffe befindet sich seit Mitte März mit einer Fußfessel im Hafturlaub. Sie darf sich nur innerhalb eines Umkreises von 300 Metern von ihrem Elternhaus in Teheran bewegen.

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