Menschenrechts-
verletzungen ahnden, ohne auf das Atomabkommen zu schielen

Nach der Hinrichtung von zwei weiteren Protestierenden im Iran verlangen viele Diaspora-Iraner:innen von den westlichen Regierungen harte Reaktionen gegen die Islamische Republik. Sie rufen auch zu mehr Schutz für die Tausenden jungen Inhaftierten, von denen Dutzende zum Tode verurteilt worden sind, auf. Hier ein Beispiel: Der Filmemacher und Vorsitzende des Vereins Transparency for Iran Ali Samadi Ahadi schreibt in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock, den Generalsekräter der FDP Bijan Djir-Sarai, und Grünenchef Omid Nouripour:

Im Iran sind auch heute (7. Januar 2022) zwei Menschen hingerichtet worden. Seyed Mohammad Hosseini und Mohammad-Mehdi Karami. Zwei Menschen, die wegen ihres Kampfes für ihre fundamentalen Rechte vom iranischen Staat erhängt wurden. Sie hatten weder die Möglichkeit eines juristischen Beistands noch eine gerechte Verhandlung. Ihre Aussagen wurden nach wochenlanger Folter erpresst.

Aber offen gestanden geht es mir hier nicht nur darum, wie wir den Menschen im Iran helfen können. Denn sie werden ihren Weg gehen. Sie werden siegen. Dessen bin ich, nein, sind wir Iraner*innen im In- und Ausland gewiss. Und dieser Sieg wird nicht lange auf sich warten lassen.

Die Frage ist aber, wo steht Deutschland als Nation, wenn die Revolution mit der Parole „Frau, Leben, Freiheit“, die erste feministische Revolution der Menschheit, siegt?

Wie treten wir unserer historischen Verpflichtung entgegen?

Ich denke in den letzten Tagen oft an Oskar Schindler. Was er wohl zu unserem Hadern und Zögern gesagt hätte? Ich denke an die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes. Was sie uns wohl empfehlen würden, wenn sie sähen, dass wir unsere Werte totalitären Systemen gegenüber zur Debatte stellen?

Denn das tun wir, wenn wir zur Tötung von Menschen, die nur für ihr fundamentales Menschenrecht kämpfen, schweigen, denn: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ So beginnt unser Wertekanon.

Wissen Sie, es betrifft nicht nur unsere Sicht auf Iran und auf das iranische Volk. Es betrifft unsere Sicht auf so viele Dinge. Auf die jahrelange falsche Russlandpolitik! Auf unsere Chemiewaffen-Lieferungen an Saddam Hussein! Auf unsere Syrien-Politik! Auf die Tatsache, dass ein Diktator wie der Emir von Katar unsere Politiker kauft und wir dazu schweigen, weil wir von dem Despoten abhängig sind. Auf unsere Politik gegenüber China u.v.m. Und ich weiß, Sie werden sagen: „Ja, aber wir können uns nicht mit allen anlegen.“ Wissen Sie was? Das brauchen wir gar nicht. Denn früher oder später legen die sich mit uns an! Siehe Russland. Siehe China, siehe Katar, siehe Iran, der mit seinen Drohnen in Europa Krieg führt.

Keiner wollte sich mit dem faschistischen Deutschland anlegen! Das Hitlerdeutschland hat sie aber alle heimgesucht. Das haben Despoten an sich. Khamenei reichen Iran, Syrien, Irak, Jemen und Libanon nicht. Er will Israel und Amerika und Großbritannien und die ganze Welt!

Vielleicht lachen Sie, wenn Sie diese Zeilen lesen, aber glauben Sie mir: Macht, vor allem absolute Macht bringt Größenwahn mit sich. Es gibt eine Denke hinter den Verbrennungen der US-amerikanischen, israelischen und britischen Fahnen!

Wann also handeln wir in Selbstschutz und Selbstinteresse, denn aus keinem anderen Grund sonst sind die Menschenrechte in unserem Grundgesetz verankert, wann werden wir als eine Nation diesen Despoten die Stirn bieten? Wann werden wir erkennen, dass ein von den Klauen der Mullahs befreiter, demokratischer Iran nicht nur im Interesse des iranischen Volkes, sondern auch in unserem Interesse und im Interesse der gesamten Welt ist?

Heute sind zwei junge Menschen umgebracht worden! Zwei von mehr als dreißigtausend Menschen, die in den letzten 100 Tagen verhaftet worden sind!

Wann werden wir also die Unterdrückungsapparate des Regimes auf die Terrorliste setzen?

Wann werden wir die finanziellen Mittel aller Machthaber, von den sogenannten Parlamentariern, die die Hinrichtung aller Gefangenen fordern, bis hin zu den Richtern einfrieren?

Wann werden wir die Menschenrechtsverletzungen im In- und Ausland ahnden, ohne auf das Atomabkommen zu schielen? Wann, wenn nicht jetzt?

Mit freundlichen Grüßen,

Ali Samadi Ahadi

Zur Startseite

Diese Beiträge können Sie interessieren:

Die Jugend und ein „Kinder mordendes Regime“

Die Revolutionsgarde – eine Terrororganisation?

Der Wandel manifestiert sich in den Haaren der Frauen