Iranische Aktivist*innen protestieren gegen geplante UN-Ehrung von Ebrahim Raisi

Hunderte iranische Menschen- und Frauenrechtsaktivist*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Familienangehörige von Opfern der Unterdrückung durch das iranische Regime haben in einem offenen Brief an den Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN), Dennis Francis, gegen die von den UN geplante Gedenkveranstaltung für den bei einem Hubschrauberabsturz verstorbenen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi protestiert. Sie betrachteten die Ehrung einer Person, die der Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt wird, als „Verletzung der Menschenrechte“, heißt es in dem Schreiben.

In dem Brief, der im Vorfeld der für den 30. Mai geplanten Veranstaltung verfasst wurde, fordern die Unterzeichner*innen die UN auf, auf die Gedenkfeier für Raisi zu verzichten. Dieser habe seit den 1980er Jahren eine zentrale Rolle bei der Verfolgung und Hinrichtung politischer Gegner und Dissidenten im Iran gespielt.

Die Unterzeichner*innen erinnern daran, dass Raisi als Mitglied des „Todeskomitees“ im Sommer 1988 für die Hinrichtung Tausender politischer Gefangener im Iran verantwortlich gewesen sei. Sie verweisen auch auf Zeugenaussagen aus dem Prozess gegen Hamid Nouri in Schweden, die Raisis Beteiligung an den Massakern von 1988 belegen. In dem Brief heißt es: „Raisi hätte als einer der Hauptverantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden müssen.“ Die UN sollten als Hüter der globalen Menschenrechte niemanden ehren, der beschuldigt wird, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, sondern sich statt dessen auf die Untersuchung und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen im Iran konzentrieren.

Zu den Unterzeichner*innen des Briefes gehören auch die Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, die Frauenrechtsaktivistin Razan Moghadam und die Menschenrechtlerinnen Fariba Davoodi Mohajer und Mehrangiz Kar. Ebadi  kritisierte die geplante Gedenkveranstaltung der UN auf ihrem Telegram-Kanal scharf. Dort schrieb sie am 24. Mai: „Eine Gedenkfeier für den Schlächter von Teheran bei den Vereinten Nationen?!“ Das „mögliche Argument der UN, diese Veranstaltung nach Protokoll abzuhalten, falsch sei“, so Ebadi: „Eines dieser Protokolle ist die Durchführung einer Gedenkfeier für das höchste Amt jedes Landes, und Ebrahim Raisi ist nicht der höchste politische Amtsträger im Iran.“ Auch die inhaftierte Menschenrechtsverteidigerin Narges Mohammadi hatte zuvor bereits aus dem Evin-Gefängnis heraus ihre Stimme gegen die geplante Ehrung erhoben.

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