Irans Präsident ist tot

Laut iranischen Medien sind Ibrahim Raisi und die ihn begleitende Delegation am 19. Mai beim Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Staatsoberhaupt Ali Khamenei hatte am Abend zuvor seine Anhänger:innen beruhigt, sie sollten sich keine Sorgen machen über die Führung des Landes. Den Grund für diese Aussage erklärt Iran-Experte Ali Sadrzadeh.

Ibrahim Raisi war nur nominell ein Präsident. In seinem politischen Leben hat Raisi nur einmal persönlich entschieden – und dann erbarmungslos vollstreckt. Es waren Todesurteile gegen mehrere Tausend Oppositionelle innerhalb weniger Wochen, Ende der 1980er Jahre. Raisi war damals ein junger Mullah von 25 Jahren, und diese Todesurteile wurden zum politischen Kapital für seinen Aufstieg im iranischen Justizapparat, wo er weiterhin nach islamischem Recht Todes- und andere Schreckensurteile fällte.

Seine Präsidentschaft verdankte er nicht seinen Fähigkeiten, sondern den Zeitumständen. Der erzkonservative Wächterrat hat als Wahlprüfungskommission alle seine potenziellen Konkurrenten – ob Reformer oder „unabhängige“ – bei der Vorauswahl ausgeschaltet. Im Zuge dieser Regelung, sprich der „Bereinigung“ der politischen Landschaft, wurde Raisi vor drei Jahren nach einem Wahltheater Präsident. Und als Präsident war er eine Lachfigur, in den sozialen Netzwerken ein Objekt der Belustigung und Verspottung. Niemand nahm Raisi ernst, obwohl viele ihn für einen möglichen Nachfolger des Staatsoberhaupts Ali Khamenei hielten. Weder er als Präsident noch sein Kabinett durften bisher wichtige Entscheidungen treffen. Nicht nur über Schicksalhaftes, auch über angeblich Alltägliches wurde und wird in der Islamischen Republik im „ بیت رهبری„ , dem Haus des Führers entschieden. Dieser Führer, der 85-jährige Ali Khamenei, ist seit einigen Jahren dabei, seine Nachfolge zu regeln.

Ibrahim Raisi und Aliev
Ibrahim Raisi (re.) und lham Alijew weihten am 19. Mai 2024 einen Staudamm im gemeinsamen Grenzfluss zwischen Iran und Azerbaidschan ein

Spekulationen haben Hochkonjunktur

Es gibt viele Vermutungen und Verschwörungstheorien, wer hinter diesem Absturz stecken könnte, von Rivalen im Inneren bis zu Feinden im Ausland. Dabei ist viel von Israel die Rede. Denn Raisi befand sich auf einer Reise in der iranischen Provinz Azerbaidschan. Mit Elham Alijew, dem Präsidenten der Republik Azerbaidschan, weihte er am Tag des Absturzes einen Staudamm im gemeinsamen Grenzfluss zwischen den beiden Ländern ein. Israels Einfluss in der Republik Azerbaidschan ist in der Region beispiellos. Auch bei dieser Einweihungszeremonie sprach Raisis viel vom „zionistischen Feind“. Israelische Medien waren die ersten, die über den Absturz berichteten. Wie auch immer.

Nach stundenlangen Verwirrungen und widersprüchlichen Meldungen, wie und wo Raisis Hubschrauber abgestürzt sei, meldete sich Khamenei kurz zu Wort: Das Volk möge für Raisi beten, niemand solle sich Sorgen machen über die Führung des Landes.

Nach der Verfassung der islamischen Republik übernimmt nach dem Tod des Präsidenten sein Vize für fünfzig Tagen die Präsidentschaft. Dann muss eine Neuwahl stattfinden. Ob dies geschieht, und wenn ja, wie viele Iraner an diesen Wahlen teilnehmen werden, ist offen. Bei der zweiten Runde der Parlamentswahlen, die vor zwei Wochen stattfand, gingen in der iranischen Hauptstadt Teheran nur acht Prozent zu den Wahlurnen.♦

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