Massenhinrichtungen 1988 im Iran: Historische Anklage

Die schwedische Staatsanwaltschaft hat am Dienstag Anklage gegen den iranischen Staatsbürger Hamid Noury wegen der Beteiligung an den Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen im Sommer 1988 im Iran erhoben. Bekannt als „Abbassi“, soll Noury einer der Verantwortlichen für die Hinrichtungen sein. In der Anklageschrift werden dem 60-Jährigen Völkerrechtsverletzungen, schwere Verbrechen und Morde vorgeworfen.

Noury wurde im November 2019 bei der Einreise aus dem Iran auf dem Stockholmer Flughafen festgenommen. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft. Der Verhandlungsauftakt wird im August erwartet. Der Prozess wird voraussichtlich bis April 2022 dauern.

Vor fünf Jahren war eine alte Tonaufnahme eines Gespräches zwischen dem damaligen designierten Nachfolger des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Ruhollah Khomeini, Ayatollah Hossein Ali Montazeri, und drei der Verantwortlichen für die Hinrichtungen veröffentlicht worden. Einer der drei soll der jüngst gewählte künftige Präsident der Islamischen Republik Iran, Ebrahim Raissi, gewesen sein. In dem Gespräch kritisiert Montazeri die Hinrichtungen scharf.

Iraj Messdaghi, ein damaliger politischer Gefangener, der die Massenhinrichtungen 1988 vor Ort erlebt hat und mittlerweile im Exil lebt, hoffte am Dienstag in einem Interview mit BBC Persian, dass die Anklage gegen Noury auch den Weg für die strafrechtliche Verfolgung Raissis ebnen werde.

Im Sommer 1988 wurden mehrere Tausend politische Gefangene, die ihre Strafen zum Teil bereits verbüßt hatten, auf Befehl von Khomeini in iranischen Gefängnissen exekutiert. Ihre Leichen wurden in Massengräbern verscharrt. Das ist das erste Mal, dass sich ein Mitglied des iranischen Regimes wegen dieser Hinrichtungen vor Gericht verantworten muss.

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