Ausnahmezustand am Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini
Trotz massiver Sicherheitsvorkehrungen ist es am ersten Todestag von Jina Mahsa Amini in einigen iranischen Städten zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und der Polizei gekommen.
Gestern, am 16. September, jährte sich der Tod von Jina Mahsa Amini zum ersten Mal. Der Tod der jungen Frau in Polizeigewahrsam vor einem Jahr hatte eine landesweite Protestwelle ausgelöst, bei der mindestens fünfhundert Demonstrant*innen getötet wurden. Zum ersten Jahrestag wurde die iranische Bevölkerung von zahlreichen iranischen Gruppen und Aktivist*innen dazu aufgerufen, wieder auf die Straße zu gehen und gegen das islamische Regime zu protestieren.
Auch die Familie von Jina Mahsa Amini hatte die Menschen eingeladen, sich an diesem Gedenktag zu beteiligen. Doch bereits am Morgen des 16. September wurde der Vater von Jina Mahsa Amini zunächst festgenommen und anschließend unter Hausarrest gestellt. Die Straße zum Aichi-Friedhof, wo Jina Mahsa Amini begraben liegt, wurde gesperrt, um die dort geplante Versammlung zu verhindern.
In zahlreichen Städten waren Tausende von Sicherheitskräften im Einsatz, um jegliche Versammlungen und Demonstrationen zu unterbinden. Dutzende Personen wurden in verschiedenen Städten inhaftiert. Dennoch kam es in einigen Städten wie Teheran, Mashhad, Rascht und in der Region Kurdistan zu Versammlungen, bei denen die Demonstranten Slogans wie „Frau-Leben-Freiheit“ und „Tod der Diktatur“ skandierten.
Seit gestern Abend haben sich zahlreiche Familienangehörige von Inhaftierten vor dem Hauptquartier der Polizei in Teheran versammelt, um Informationen über ihre festgenommenen Verwandten zu erhalten.
In der vergangenen Nacht kam es auch zu einer weiteren Festnahme, als Sicherheitskräfte das Haus von Hanieh Tavassoli, einer bekannten Film- und Fernsehschauspielerin, stürmten und sie in Gewahrsam nahmen. Am heutigen Vormittag gab ihre Schwester auf Instagram bekannt, dass die Künstlerin wieder freigelassen wurde.
Unter den gestern Festgenommenen befindet sich auch Leila Naqdi Pari, eine renommierte Bühnen- und Kostümdesignerin des iranischen Kinos. Sie ist zudem Mitglied im Vorstand der Vereinigung der Filmdesigner*innen im Iran.
Es bleibt unklar, von welchen Behörden die Mehrheit der Festgenommenen in Gewahrsam genommen wurde. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden sie nach ihrer Festnahme an unbekannte Orte gebracht.
Die Sicherheitsbehörden des Gottesstaates hatten im Vorfeld des Jahrestags verstärkte Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um mögliche Proteste zu verhindern.
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