Googoosh – die Pop-Ikone des Iran
Die Sängerin Googoosh ist eine lebende Legende, und nun hat die Regisseurin Niloufar Taghizadeh über diese Ikone der iranischen Popmusik einen Dokumentarfilm gedreht: GOOGOOSH – MADE OF FIRE. Unsere Autorin Yasmin Khalifa hat den Film bereits gesehen.
Von Yasmin Khalifa
Googooshs Karriere ist beispiellos. Ihr Schicksal als Frau in einem Land, das vom Patriarchat geprägt ist und später schließlich von dem einschneidenden politischen Wandel nach der Revolution, ist dagegen nahezu gewöhnlich.
Ehemann Nummer 1, Mahmoud Ghorbani, den sie mit 17 Jahren ehelichte, demütigt sie öffentlich mit Beziehungen zu anderen Frauen, genau in dem Augenblick, als ihre Karriere an Fahrt aufnimmt. Bei der Scheidung verliert sie das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn.
Ehemann Nummer 2 lernt sie am Filmset kennen, wo Googoosh ihr Talent als Schauspielerin unter Beweis stellt. Die Ehe mit dem Filmstar Behrouz Vossoughi hält nur ein Jahr.
Und während Angebote für Plattenaufnahmen aus Europa auf Googoosh zukommen, kämpft sie mit einer Drogensucht, die sich in der Beziehung mit dem rauschgiftsüchtigen Homayoun Mesdaghi, Ehemann Nr.3, entwickelt hat.
21 Jahre Schweigen
Interessanterweise schweigt Googoosh bzw. der Film über die langen Jahre zwischen 1979 und 2000. Diese Zäsur in der iranischen Geschichte belastete die Sängerin mit Schikanen, Auftritts- und Ausreiseverboten. Über 21 Jahre lebt der Star, der trotz Auslandsangeboten immer wieder in den Iran zurückkehrte, weitestgehend isoliert.
Als Googoosh im Jahr 2000 endlich wieder den Iran verlassen darf, ist sie mit dem Regisseur und Drehbuchautor Masoud Kimiai verheiratet. Sie erlebt beginnend in Kanada ein grandioses Comeback. Doch am Ende der Tour muss sie feststellen, dass Kimiai mit ihren Gagen und einer Geliebten eigene Wege eingeschlagen hat. Googoosh erzählt diese Geschichten mal völlig nüchtern, mal voll Schmerz, aber niemals voller Groll. So offen, wie sie im Film über ihre Gefühle spricht, so wenig Einblicke gewährt sie in ihr aktuelles Privatleben. Doch die kurzen Momente, in denen man sie beispielsweise mit ihrer Enkeltochter erlebt, wirken natürlich und vollkommen geerdet.
Das macht den Star sehr nahbar – und distanziert zugleich. Ihr bewegtes Leben als weiblicher Superstar erklärt auch immer wieder ihr vehementes Engagement für die „Frau Leben Freiheit“-Bewegung, das an mehreren Stellen im Film auftaucht.
„Googoosh ist für mich und für viele andere mehr als nur eine Pop-Ikone oder eine bekannte Schauspielerin. Sie war und ist ein Sinnbild des Nicht-Aufgebens, der Lebendigkeit und gegen die Unterdrückung der Frau.“ So sieht die Regisseurin ihre Protagonistin.
Popidol der Diaspora
Googoosh, mit offiziellem Namen Faegheh Atashin, stand bereits als Zweijährige mit ihrem Vater auf der Bühne. Sie avancierte im Iran und später auch in der iranischen Diaspora als Sängerin und Schauspielerin zu einem Popidol. Seit dem Jahr 2000 lebt sie außerhalb des Iran, und GOOGOOSH – MADE OF FIRE ist bis jetzt der zweite Dokumentarfilm, der sich mit der Karriere der Künstlerin beschäftigt.
In dem Film kommt im Wesentlichen nur Googoosh selbst zu Wort. Sie spricht von ihrer Karriere im Kindesalter, über die Zeiten vor und nach der iranischen Revolution bis zu ihrem grandiosen Comeback in der Diaspora.
Viel bewegtes Archivmaterial bebildert ihre Worte und gibt damit zugleich wunderbare Einblicke in den Zeitgeist des Iran – vor allem aus der Zeit vor der Revolution.
Als Googoosh in den 60er und 70erJahren im Iran für Aufsehen sorgte, gab es dort keine musikalische Tradition wie Swing, Rock´n´Roll oder Jazz, auf der sie musikalisch aufbauen konnte. Die Gitarre war als Instrument weitestgehend unbekannt. Ihre Lieder kommen für westliche Ohren wie originelle Schlager oder Disco daher.
Comeback der Ausnahmekünstlerin
Namhafte Schriftsteller wie Iraj Janatie Ataie schrieben die Texte für die gutaussehende Frau mit der exzeptionellen Stimme. Für die Zuschauer, die Googoosh oder die neuere Musikgeschichte des Iran im Allgemeinen nicht kennen, wäre eine deutlichere Ausarbeitung ihres musikalisch-historischen Alleinstellungsmerkmals sicherlich hilfreich. Doch das Archivmaterial aus der Zeit vor der Revolution bezaubert durch Googooshs kokette Ausstrahlung, ihre Haar-Styles und ihre ausgefallenen Garderoben. Das neuere Archivmaterial feiert das Comeback der Ausnahmekünstlerin. Die Filmzuschauer*innen erleben mit, wie sie mit dem Erwartungsdruck der „alten“ Fans umgeht, so zu sein wie früher. Und ihre Lust, mit der jungen Generation zu kooperieren.
„Googoosh – Made of Fire“: ein Must See für Fans und solche, die es noch werden wollen.
Kinostart: 10. Oktober 2024
Original (Farsi/Englisch) mit deutschen UT und deutsche Synchronfassung | 95 Minuten, Voice Over: Iris Berben
Weltpremiere: Sheffield International Documentary Festival 2024
Regie & Produktion: Niloufar Taghizadeh