Ein Sieg für die Zivilgesellschaft

Der Widerstand der Frauen

Anfang März 1979, zwei Wochen nach der islamischen Revolution, wurde das „Gesetz zum Schutz der Familie“, das als „familienfeindliches Gesetz des Schah-Regimes“ bezeichnet wurde, annulliert. Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini erklärte die islamischen Kleidervorschriften für obligatorisch.

Viele Frauen erhoben sich jedoch dagegen, zum Unwillen derjenigen linksorientierten Kräfte, die jede Kritik an der neugeschaffenen Islamischen Republik als Unterstützung des alten Regimes ansahen. Laizistische und manche religiösen Frauen gingen am 8. März 1979 in Teheran und einigen anderen Städte des Iran gemeinsam auf die Straße, um gegen den Schleierzwang zu demonstrieren. Manche Beobachter*innen halten die Demonstration in Teheran für die größte Protestaktion von Frauen im Nahen Osten.

Doch die religiösen Kräfte und ihre Anhänger*innen reagierten prompt. Am selben Tag zeigten sie den Frauen mit aller Härte, dass sie über ihr Schicksal nicht zu entscheiden hätten und sich der Scharia unterwerfen sollten. Danach wurden die Frauen in drei Gruppen eingeteilt: diejenigen mit Hijab, jene, die sich halbherzig an die islamische Kleiderordnung hielten, und die Frauen ganz ohne Hijab. Die dritte Gruppe wurde als „kontrarevolutionär“ abgestempelt. Diese Bezeichnung erklärte deren Trägerinnen für vogelfrei.

„Konterrevolutionäre“ wurden verhaftet, gefoltert und zum Teil hingerichtet. Den Frauen drohten Attacken mit Messern, Äxten und Säure. Nicht selten wurden ihnen sichtbare Haarsträhnen auf der Stirn festgenagelt. Die Islamisten hatten die Macht und konnten offen tun, was sie im April 1978 heimlich tun mussten – und wofür die Tudeh-Partei den SAVAK beschuldigt hatte.

Großdemonstration der Frauen in Teheran, am 8. März 1979:

Ein lang andauernder Protest

Die Protestbewegung der iranischen Frauen, die am 8. März 1979 ihren Anfang genommen hat, dauert noch an. Die Frauen haben die Islamist*innen und ihre Befürworter*innen daran gehindert, sie aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Heute gibt es im Iran mehr Studentinnen als Studenten und kaum noch Männerdomänen in der iranischen Arbeitswelt. Heute ist das islamische Regime mit einer Generation von Frauen konfrontiert, die die Welt von klein an durch die Luken der sozialen Netzwerke betrachten und über wichtige und unwichtige Ereignisse in der ganzen Welt Bescheid wissen.

Diese Generation brachte während der landesweiten Proteste im November 2017 etwa Vida Movahed hervor, eine mutige Kämpferin, die auf der Teheraner Revolutionsstraße ihr Kopftuch abnahm und es an einen Stock gebunden in die Luft hielt. Dieser beispiellose Akt war der Keim einer Kampagne gegen das Kopftuch, die als Aktionen der „Töchter der Revolutionsstraße“ bekannt ist.

Laut Berichten von Augenzeug*innen war bei den letzten beiden landesweiten Protesten im Iran – im Winter 2017 und Herbst 2019 – der Anteil der Frauen in vielen Großstädten größer als der der Männer. Dennoch: Vielen Frauen und Männern steckt eine große Angst vor der unbeschreiblichen Brutalität der Islamisten in den Knochen, besonders jenen, die diese Gewalt schon einmal persönlich zu spüren bekommen haben. Etwa Marzieh Ebrahimi, deren Gesicht durch eine Säureattacke in Isfahan entstellt wurde und die heute zu den Frauenaktivistinnen gehört. Sie schrieb nach den Gewalt-Aufrufen der beiden Freitagsimame Anfang Oktober: „2014 befand sich Isfahan nach Säureattacken in Schrecken und Entsetzen. Anscheinend wiederholt sich die Geschichte. Mir geht es in diesen Tagen nicht gut!“

*Maziyar Roozbeh ist ein Pseudonym, um den Autor zu schützen. Der Publizist, Dichter und Übersetzer lebt in Teheran.

© Iran Journal

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