Frauen auf dem iranischen Arbeitsmarkt
Frauen im Iran sind zum größten Teil gut ausgebildet und kämpfen sich seit Jahren durch patriarchalische Strukturen. Wie hoch ist ihre Beschäftigungsquote im Vergleich zu Männern? Und mit welchen Schwierigkeiten sind sie konfrontiert?
Von Iman Aslani*
Mehr als die Hälfte der Erwerbsfähigen, also der zwischen 15 und 64 Jahre alten Personen im Iran sind Frauen. Laut dem iranischen Amt für Statistik gehörten zu diesen so genannten Erwerbspersonen im Frühling 2023 mehr als 32.170.000 Iranerinnen und knapp 32.096.000 Iraner. Allerdings sind demnach nur 41,2 Prozent dieser Personengruppe, 26,5 Millionen, auch erwerbsfähig – können und wollen also einer bezahlten Beschäftigung nachgehen. Von den weiblichen Erwerbspersonen gingen im Frühling 2023 nur 14,1 Prozent tatsächlich einer bezahlten Arbeitstätigkeit nach. Bei den Männern lag diese Beschäftigungsquote dagegen bei 68,3 Prozent.
Diese Zahlen belegen damit auch, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt für Iranerinnen weiterhin durch große Hürden beschränkt wird – bei erheblichen Preissteigerungen bei Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren. Offiziellen Angaben zufolge lag die Inflation in den vergangenen drei Quartalen bei mehr als 50 Prozent. Die gleiche Tendenz wird auch für die zweite Hälfte des laufenden Jahres erwartet.
Ausgebildete Arbeitslose
Aus den Zahlen des Statistikamtes geht darüber hinaus auch hervor, dass sowohl bei den Erwerbstätigen als auch bei den Arbeitslosen im Iran der Anteil von Frauen mit einem Hochschulabschluss weit über dem entsprechenden Anteil bei den Männern liegt. 69,8 Prozent der erwerbslosen Frauen haben demnach einen Uni-Abschluss; bei den Männern liegt der Anteil bei 27,7 Prozent. Unter den erwerbstätigen Frauen verfügen 45,7 Prozent über einen Hochschulabschluss, bei den Männern sind das mit 22,9 Prozent erheblich weniger.
Dies weist darauf hin, dass der iranische Arbeitsmarkt insgesamt sehr männlich geprägt ist und Frauen in bestimmten Berufen kaum vertreten sind. Während im landwirtschaftlichen Sektor die Zahl der erwerbstätigen Frauen und Männer kaum einen Unterschied aufweist, sind im Bereich Industrie eindeutig mehr Männer (34 zu 25 Prozent) und im Sektor Dienstleitung deutlich mehr Frauen tätig (59 zu 49 Prozent).
Iranische Frauen im internationalen Vergleich
Laut der Weltbank lag der Anteil erwerbstätiger Frauen im Nahen Osten und Nordafrika, der so genannten MENA-Region, Ende 2022 im Durchschnitt bei knapp 20 Prozent, vor der Coronapandemie sogar bei 25 Prozent. Am besten schnitten dabei Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Bahrain am Persischen Golf ab. Der Iran belegt im vom Weltwirtschaftsforum veröffentlichten Global Gender Gap Index 2023 bei der Berufstätigkeit von Frauen Platz 143 unter 146 untersuchten Ländern. Nur Algerien, der Tschad und Afghanistan schneiden noch schlechter ab. Deutschland lag in der Rangliste nach Island, Norwegen, Finnland, Neuseeland und Schweden auf Platz 6.
Frauen in einer Männerdomäne
Die niedrige Beschäftigungsquote der Iranerinnen ist einem religiös-traditionellen Frauenbild und unzähligen gesetzlichen Hürden geschuldet. So dürfen Frauen im Iran beispielsweise ohne Erlaubnis ihres Vaters oder Ehemannes weder reisen noch einer Beschäftigung nachgehen. Auch über ihren Wohn- und Studienort dürfen sie nicht selber entscheiden. Einige iranische Leistungssportlerinnen konnten aufgrund solcher Einschränkungen nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen.
Auch bei Lohn und Rente oder der gesetzlichen Unterstützung berufstätiger Frauen nach der Geburt von Kindern sind Iranerinnen benachteiligt. In Sozialen Netzwerken berichten erwerbstätige und arbeitsuchende Frauen zudem oft über Diskriminierungen und sexuelle Belästigungen.
Dennoch steigt die Frauenerwerbsquote im Iran – wenn auch in sehr bescheidenem Tempo. Die Zahlen des Statistischen Amts zeigen, dass die Beschäftigungsquote der Frauen im Iran im Frühling 2023 im Vergleich zur Vorjahreszeit um 0,3 Prozent gestiegen ist. Aufgrund der wirtschaftlichen Misere der vergangenen Jahre sind insbesondere in den Großstädten immer mehr Familien auf die Einkommen auch ihrer weiblichen Mitglieder angewiesen. Dies zeigt sich vor allem bei jungen Paaren. Auch der ständige Kampf der modernen, urbanen Iranerinnen für ihre Rechte insbesondere bei der Eheschließung trägt dazu bei, dass patriarchalische Vorstellungen von Rollenverteilung nach und nach in den Hintergrund rücken.♦
*Iman Aslani ist ein Pseudonym unseres Autors. Er schreibt unter anderen Namen für andere Medien.
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