Frauensport in der Islamischen Republik

Trotz starker Einschränkungen etwa durch islamische Kleidervorschriften ist der Boom des iranischen Frauensports kaum zu bremsen. Die erste Olympiamedaille in der Geschichte des iranischen Frauensports und der Gewinn kontinentaler Titel unterstreichen diese Entwicklung.

Die Bilanz der sportlichen Erfolge iranischer Athletinnen auf internationalem Parkett kann sich in den vergangenen Jahren sehen lassen. Der lang ersehnte Traum vom Gewinn des ersten olympischen Edelmetalls in der iranischen Geschichte des Frauensports wurde mit der Bronzemedaille der Taekwondo-Kämpfern Kimia Alizadeh in Rio 2016 wahr.

Die heute 19-Jährige krönte mit ihrem historischen Erfolg nicht nur den aufstrebenden Frauensport des Landes, sondern setzte auch neue Maßstäbe für die Weiterentwicklung des iranischen Frauensports. Fortan gilt als Erwartungshaltung an die nationale Sportplanung, diesen herausragenden internationalen Erfolg als Grundstein und Richtschnur für den weiteren Ausbau des Sports für und mit Frauen im Iran zu nehmen.

Doch dazu braucht es eine umfassende professionelle Rahmenorganisation zur strukturellen Förderung des iranischen Frauensports in den Verbänden und  Vereinen. Die Staatsführung hat längst erkannt, dass es vielfältige Wege gibt, die Vereinbarkeit des eigenen Frauenbilds mit öffentlichen Auftritten iranischer Sportlerinnen herzustellen. In langwierigen Verhandlungen mit einigen internationalen Sportföderationen haben sich die iranischen Sportverbände die islamischen Bekleidungsvorschriften für Frauen bei internationalen Wettkämpfen genehmigen lassen. Bei Fußball, Futsal, Basketball, Volleyball, Leichtathletik und im Kampfsport hat sich die islamische Sportbekleidung inzwischen etabliert, obgleich Fachleute grundlegende medizinische und hygienische Bedenken äußern.

Motivation für außergewöhnliche Leistungen

Samira Shirmardi, Redakteurin der iranischen Sporttageszeitung Iran Varzeshi aus Teheran, hält den „sensiblen Fokus der aktuellen Regierung auf den Frauensport“ für einen weiteren Antrieb für den Ausbau des Frauensports im Iran. „Unser Staat will der Welt demonstrieren, dass iranische Frauen keinen Einschränkungen bei der gesellschaftlichen Teilhabe unterliegen. Mit der Unterstützung des Frauensports will man in der Wahrnehmung der Außenwelt entsprechend eingeordnet werden“, so Shirmardi.

Doch besteht die staatliche Förderung des Frauensports im Iran lediglich darin, dass Frauen die Ausübung diverser Sportarten grundsätzlich gestattet wird?  Die Teheraner Sportjournalistin spricht von einer „Politik der kleinen Schritte“ und verweist trotz auf die „großartige Motivation der iranischen Sportlerinnen“, trotz der bestehenden Einschränkungen etwa durch die Bekleidungsvorschriften „dennoch Außergewöhnliches zu leisten und internationale Erfolge zu erzielen“. Shirmardi unterstreicht, dass seit dem Jahr 2015 – dank des Titelgewinns der iranischen Futsal-Nationalspielerinnen bei den Asienmeisterschaften – zum ersten Mal seit der Gründung der Islamischen Republik bewegte Bilder iranischer Sportlerinnen im Staatsfernsehen zu sehen seien.

Iranische Futsalerinnen - Asienmeister 2015
Iranische Futsalerinnen – Asienmeisterinnen 2015

Asientitel trotz Ausreiseverbots für Kapitänin

Für großes internationales Aufsehen sorgte der Gewinn der Asienmeisterschaft durch die iranische Frauen-Futsal-Nationalmannschaft 2015. Die Teilnahme der Hallenfußballerinnen stand dabei jedoch zunächst unter keinem guten Stern. Verstört musste das Team zur Kenntnis nehmen, dass Kapitänin Nilufar Ardalan die Reise zum Turnier nach Malaysia nicht antreten durfte. Ihr Ehemann, selbst Sportjournalist, hatte der Sportlerin die Ausreise mit der Begründung verboten, dass der gemeinsame Sohn im selben Jahr in die erste Klasse komme und seine Mutter brauche, wie die Tageszeitung 7Sobh berichtete. Das Entsetzen darüber war im In- und Ausland groß.

Ausreiseverbot für Olympia-Fahnenträgerin

Zahra Nemati holte als erste iranische Sportlerin bei den Paralympics 2012 in London eine Gold- sowie eine Bronzemedaille im Bogenschießen. Im vergangenen Jahr schrieb die 32-Jährige erneut Sportgeschichte: Bei der Olympia-Eröffnungsfeier 2016 in Rio führte sie als erste Frau im Rollstuhl ihr Heimatland als Fahnenträgerin ins Maracanã-Stadion. Nemati blieb bei den Olympischen Spielen in Rio das Siegerpodest zwar verwehrt, aber sie hatte sich ebenso für die paralympischen Spiele qualifiziert. Dort konnte sie wenige Wochen später die Gold- und Silbermedaille für die sich verbuchen.

Damals war sie noch als nationale Heldin gefeiert worden, später holte der iranische Alltag sie ein. Ihr Ehemann verbot jüngst seiner Frau weitere Auslandsreisen. „Ich werde nicht zulassen, dass sie das Land verlässt, auch nicht für Sportwettbewerbe“, sagte er der Nachrichtenagentur ISNA. Sie habe ihn verlassen und fordere die Scheidung. Er aber wolle sie zurück, sonst werde es bei dem Ausreiseverbot bleiben.

Rugby sehr beliebt

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