Lobbyismus für das Regime oder Kriegsprävention?
Iranischstämmige AmerikanerInnen haben in den vergangenen dreißig Jahren einige politisch und finanziell starke Interessenorganisationen aufgebaut, die auch dem islamischen Regime im Iran nützen – ein Beispiel ist der Atomdeal. Nun wollen sie auch Donald Trump zu einer engeren Zusammenarbeit mit dem Iran motivieren.
Während fast alle Länder und Regierungen den Atomdeal mit dem Iran als langfristige Lösung im Konflikt um das iranische Nuklearprogramm begrüßten und dadurch eine fast unvermeidbare militärische Konfrontation mit dem Teheraner Regime als überwunden sahen, reagierte die iranische Diaspora zwiespältig. Manche ExiliarnerInnen leisteten aus Sorge um die mögliche Zerstörung ihres Herkunftslands weitreichende Lobbyarbeit im Sinne der Teheraner Verhandlungsführer und motivierten Politiker und Parlamente westlicher Staaten zu einer friedlichen Einigung mit den Machthabern in Teheran. Andere leisteten als Gruppe oder Person erbitterten Widerstand, weil sie in einer möglichen Einigung die Machtfestigung der bestehenden Hierokratie im Iran und eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtssituation befürchteten. Sie gingen davon aus, dass das Regime in Teheran eine Vereinbarung umgehen werde. Deshalb sollte der Westen keine Einigung mit Teheran anstreben, sondern die demokratische Opposition im In- und Ausland unterstützen, damit diese das herrschende System überwinden und die Freiheit für das Land erlangen könnten.
Lobbyarbeit iranischstämmiger AmerikanerInnen
Den weitaus größten Einfluss innerhalb der iranischen Diaspora haben die politisch oder zivilgesellschaftlich orientierten iranischen AmerikanerInnen. Sie leisteten in den vergangenen sechzehn Jahren äußerst effektive Lobbyarbeit für den Dialog mit dem Teheraner Regime. Für die politische Opposition war in dieser Zeit kein wesentlicher Raum einnehmbar. Dazu bot die chaotische und hoffnungslose Lage der Länder des Nahen Ostens keine Legitimationsbasis. Keine westliche oder östliche Großmacht war in den Jahren des Atomkonflikts daran interessiert, ein weiteres Land dieser Region zu destabilisieren. Deshalb waren eher die amerikanischen IranerInnen in der Lage, eine dialogorientierte Lobbyarbeit zu leisten.
Deshalb wird dieser Text nur auf die Rolle der iranischen AmerikanerInnen im Für und Wider um eine Nukleareinigung mit dem Iran eingehen. In Europa existieren keine adäquaten iranischen Organisationen, die eine ähnliche Funktion hätten erfüllen können. In Schweden gibt es zwar eine landesweite große „Iranian Federation in Sweden“, die sozialpolitisch Erfolge erzielen konnte, politisch jedoch nicht bedeutsam wurde. Auch in Deutschland hat sich eine überregionale zivilgesellschaftliche Organisation namens „Iranische Gemeinde in Deutschland e.V.“ gegründet, die aber für politische Lobbyarbeit noch nicht bedeutend genug ist. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Interessen der IranerInnen in Deutschland zu fördern und ihren Einfluss auf das wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Leben der Bundesrepublik Deutschland zu stärken.
Lobbyarbeit des American Iranian Council
Einen Tag nach den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen hat der 1990 gegründete American Iranian Council (AIC) dem neu gewählten Präsidenten Donald Trump zu seinem „historischen Wahlsieg“ gratuliert. Unterzeichnet wurde die Erklärung von AIC-Chairman Senator J. Bennett Johnston und dem Präsidenten und Gründer Prof. Hooshang Amirahmadi. Letzterer hat zweimal erfolglos versucht, sich im Iran als Präsidentschaftskandidat registrieren zu lassen.
In der Stellungnahme zu Trumps Wahl heißt es, dass der AIC zur Zeit der Präsidentschaft Bill Clintons gegründet und nach fast drei Jahrzehnten Erfahrung gut aufgestellt sei, um auch mit der neuen Trump-Administration für „besseres Verständnis und bessere Beziehungen“ zwischen den USA und dem Iran zu arbeiten. Es wird erwähnt, dass der AIC seine erste Konferenz in der Clinton-Administration1990 zum Thema USA-Iran-Beziehungen organisiert und beiden Ländern Empfehlungen unterbreitet habe. 2009, kurz nach der Amtsübernahme Präsident Obamas, habe der AIC durch den Abgeordneten Dennis Kucinich dem Präsidenten das „AIC-Weißbuch“ überreicht. Viele darin vorgeschlagene Empfehlungen seien umgesetzt worden. Auch 2017 wolle die Organisation in der Fortführung ihrer Tradition Präsident Trump ein Weißbuch überreichen, in dem Divergenzen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran skizziert und Empfehlungen für effektive diplomatische und geschäftliche Beziehungen zwischen den beiden Nationen ausgesprochen werden sollen.
Weiter werden einige politische Entwicklungen bezüglich der Verbesserungen der USA-Iran Beziehungen aufgezählt, die der AIC als seine Leistungen betrachtet:
Etwa, dass Clintons Außenministerin Madeleine Albright in einer historische Rede den CIA-Putsch im Iran 1953 gegen die Regierung von Mohammad Mosaddegh als Fehler der US-Politik bezeichnet und ihr Bedauern darüber ausgesprochen habe. Die USA hätten Sanktionen auf Teppiche und Lebensmittel aufgehoben und dem Iran eine globale Einigung vorgeschlagen. Die ausgestreckte Hand Clintons sei aber von den Iranern ignoriert worden. Jahre später habe der ehemalige iranische Präsident Mohammad Khatami die Ablehnung dieser Initiative als eine „verpasste Gelegenheit“ charakterisiert. Auch, dass Vizepräsident Joe Biden und Senator John Kerry Vorschläge für einen Dialog zwischen dem US-Kongress und dem iranischen Parlament machten, sieht der AIC als ein Verdienst seines Einflusses, ebenso ein Treffen von Mitgliedern des iranischen Parlaments und amerikanischen Kollegen in New York. Weiter zählt das Council auf: den US-Iran-Dialog über den Irak, die Freistellung des AIC von Embargoregeln, Präsident Barack Obamas humanitäre Aufmerksamkeit gegenüber Tragödien des zivilen Luftverkehrs im Iran und seine Zustimmung zu der iranischen Nachfrage aus dem Iran, Ersatzteile aus den USA zu erwerben. Auch die Freilassung der inhaftierten amerikanischen Wanderer Sarah Shourd, Shane Bauer und Joshua Fattal steht auf der langen AIC-Liste von Geschehnissen, die die Organisation mit ihrem Einfluss bewirkt haben will.
Die Vergangenheit hinter sich lassen
Fortsetzung auf Seite 2