Lobbyismus für das Regime oder Kriegsprävention?

Der AIC ist der Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten und der Iran zusammenarbeiten sollten und auch werden, da ihre gemeinsamen Interessen ihre Unterschiede weit überwiegen würden. Beide Länder hätten Handlungen begangen, die rückblickend nicht immer in ihrem besten Interesse lagen oder ethisch fragwürdig waren. Die Beziehungen zwischen zwei Ländern erforderten jedoch, frühere Fehler oder Missstände anzuerkennen und damit die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die Vereinigten Staaten und der Iran hätten nicht nur gemeinsame Interessen, sondern auch eine ethische Verpflichtung zur Zusammenarbeit für die Weiterentwicklung beider Regierungen und Völker.
Unter den politischen Lobbyorganisationen in den USA verfügt der AIC über die stärkste Mitarbeit und Mitgliedschaft einflussreicher amerikanischer Politiker, Senatoren, Minister und Wissenschaftler.*

National Iranian-American Council (NIAC)

Der NIAC versteht sich als eine gemeinnützige Organisation zur Durchsetzung von Interessen der iranischen Community in den USA. Die iranischen AmerikanerInnen hätten in den USA zwar technologisch, wissenschaftlich, akademisch und wirtschaftlich Erfolge erzielen können, diese Erfolge hätten sich jedoch auf dem Gebiet der zivilgesellschaftlichen Rechte nicht reproduziert. Das habe sich besonders deutlich nach den Ereignissen des 11.September 2001 gezeigt. Die iranische Gemeinschaft der USA sei damals fast still gewesen, da die Vereinigten Staaten mit tiefgreifenden Fragen der nationalen Sicherheit, der Einwanderung und des Charakters der amerikanischen Gesellschaft konfrontiert wurden.
Der NIAC sei zu dieser Zeit, genauer im Jahr 2002, entstanden, um als führende Kraft die zivilgesellschaftliche Teilhabe der iranischen AmerikanerInnen voranzubringen, „Frieden und Diplomatie zu stärken, schädliche Sanktionen gegen den Iran aufzuheben, die Menschenrechte zu fördern und den politischen Einfluss der iranischen AmerikanerInnen und die Pro-Friedensgemeinschaft zu maximieren“.
Tatsächlich konnte der NIAC seit seiner Gründung auf verschiedenen Ebenen im US-Kongress Gehör finden: etwa bei zahlreichen Meetings mit US-Politikern in Washington über die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran. Die Organisation bietet Regierungsbeamten und politischen Entscheidungsträgern Iran-bezogene Hilfe an. Sie fordert in einem Memorandum an die Kongressmitglieder, die USA sollten die Umsetzung der Verpflichtungen aus dem gemeinsamen Aktionsplan JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) nicht in Frage stellen.

NIAC-Action

Die aktive Basisorganisation des NIAC wird NIAC-Action genannt. Sie setzt sich für die „Förderung des Friedens und die Förderung von Prioritäten in der iranisch-amerikanischen Gemeinschaft“ ein. NIAC-Action steht dem Anspruch nach für Brückenbau, Einflussnahme und Führungsaufbau. Sie nutzt „drei Werkzeuge: direkte Lobbyarbeit in Washington, Basislegitimation und bundesweite Aktionspapiere“. Das Engagement von NIAC-Action soll durch Kandidaturen von NIAC-Action-Mitgliedern für politische Ämter erweitert werden.

Trita Parsi (re.), Gründer und Präsident von NIAC hat gute Kontakte zu US-Senatoren (wie Bob Ney, li. - Foto: fardanews.com)
Trita Parsi (re.), Gründer und Präsident von NIAC hat gute Kontakte zu US-Senatoren (wie Bob Ney, li. – Foto: fardanews.com)

Ziele von NIAC-Action sind, die diplomatischen Beziehungen der USA mit dem Iran zu stärken, um Frieden und Menschenrechte voranzubringen und die Öffnung zwischen dem amerikanischen und dem iranischen Volk zu fördern. Bei Wahlen sollen solche KandidatInnen unterstützt werden, die die Werte der Gemeinschaft repräsentieren. Ressourcen der iranisch-amerikanischen Community sollen durch politische Expertisen in Washington sicherstellen, dass der NIAC im politischen Prozess zu einer mächtigen Stimme wird.
Die Organisation soll mehr als 70.000 iranische AmerikanerInnen als Mitglieder und zahlreiche prominente Berater aus dem Politikbereich haben. Hochrangiger NIAC-Berater ist etwa der frühere Botschafter John Limbert, der 1979 zusammen mit 51 weiteren Amerikanern 444 Tage lang in der US-Botschaft in Teheran als Geisel festgehalten worden war.
Neben den Einkünften aus den reichlichen Mitgliederbeiträgen wird der NIAC finanziell von namhaften und ambitionierten amerikanischen NGOs unterstützt – unter anderem der Rockefeller Foundation, dem National Endowment for Democracy, der Ploughshares Foundation und dem Wilson Center. Der NIAC erhält keine Gelder von der iranischen Regierung oder der Regierung der Vereinigten Staaten.

NIAC als Policy Makers

In den letzten Jahren der Atomverhandlungen zwischen den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates plus Deutschland und dem Iran wurde immer deutlicher, dass der NIAC wesentlich mehr ist als nur eine gemeinnützige Organisation für die Interessen der iranisch-amerikanischen Community. Insbesondere wurde Trita Parsi, Gründer und Präsident der Organisation, zum Medienstar, weil er bei den im Juli 2015 stattfindenden Verhandlungen im Wiener Palais Coburg in der Delegation des iranischen Außenministers gesehen wurde. Auf dem Balkon des besagten Hotels wurde auch ein weiteres Mitglied des NIAC, Human Majd, fotografiert. Danach spekulierten iranische Medien im In- und Ausland viel über die Rolle des NIAC.
Die Familie des 1974 im Iran geborenen Parsi musste ihre Heimat aus politischen Gründen verlassen, als Trita vier Jahre als war. Sie emigrierte nach Schweden. Parsis Vater, ein Zarathustrier, soll in der Schah-Zeit im Gefängnis gewesen sein.
In Parsis 2012 erschienenen Buch „A Single Roll of the Dice: Obama’s Diplomacy with Iran“ wird die These vertreten, die Beziehung zwischen den USA und dem Iran befinde sich durch die institutionalisierte Feindschaft in einer Pattsituation: „Die dreißigjährige US-Iran-Feindschaft ist kein Phänomen mehr, sondern eine Institution“, schreibt Parsi da. Der Weg zu deren Überwindung sei eine nachhaltige Diplomatie, die sich nicht von der „Leidenschaft der Straße“ beeindrucken lasse.

Gelobt und kritisiert
Fortsetzung auf Seite 3