Rätselraten um Saad Hariris Rücktritt
Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri hat am vergangenen Samstag überraschend seine Demission eingereicht. Was steckt dahinter? Was ist die Rolle des Iran dabei?
Von Arnold Hottinger
Er tat dies nicht in Beirut sondern in Riad, indem er seinen Rücktritt am saudischen Fernsehen bekannt gab. In seiner Erklärung führte er an, er habe um sein Leben gefürchtet und sich gezwungen gesehen, nach Riad zu fliehen, um nicht ermordet zu werden, wie es seinem Vater, Rafic Hariri, im Jahre 2005 geschehen war.
Die Lage in Libanon sei gegenwärtig vergleichbar mit jener, die damals bestand. Hariri klagte im Fernsehen Iran und Hizbullah an, sie planten seine Ermordung mit dem Ziel, in Libanon die Gegensätze zwischen Hizbullah und der sunnitischen Bevölkerung zu verschärfen, und er warf der Hizbullah vor, alle Machtpositionen in Libanon zu beherrschen. Er äußerte sich auch scharf über Iran und warf Teheran vor, Unruhe in Libanon stiften zu wollen. Teheran dementierte dies sofort, und iranische Sprecher sagten, Präsident Trump und die Saudis hätten den Rücktritt erzwungen, um in Libanon einen Zusammenstoß zwischen den libanesischen Sunniten und Schiiten hervorzurufen.
Beirut überrascht und befremdet
Die Reaktion in Libanon von Seiten der libanesischen Armee und der Sicherheitsbehörden bestand in der Aussage, von einem Mordkomplott gegen Saad Hariri sei nichts bekannt. Der Ministerpräsident habe auch vor seiner plötzlichen Abreise nach Riad nichts darüber verlauten lassen. Die Hizbullah erklärte: „Wir haben den Rücktritt des Ministerpräsidenten nicht gewünscht.“ Präsident Aoun, der der Hizbullah nahe steht, sagte, er könne den Rücktritt erst annehmen, wenn Hariri nach Hause zurückgekehrt sei und ihm seinen persönlichen ungehinderten Entscheid vorlege. Der Justizminister der bisherigen Hariri Regierung erklärte, der Rücktritt des Ministerpräsidenten sei ungültig. Ein Rücktritt könne nur im eigenen Land erfolgen. Es bestehe die Möglichkeit, dass der Ministerpräsident im Ausland zu seiner Rücktrittserklärung gezwungen worden sei.
Ein Aussöhnungsversuch in Beirut – abgewürgt?
Hariri war vor elf Monaten Ministerpräsident geworden. Die Regierung, welcher er vorstand, umfasste nicht weniger als 30 Minister. Die Minister waren Vertreter aller größeren Parteien und politischen Gruppierungen des Landes, darunter auch Politiker aus den seit Jahren einander entgegenstehenden Blöcken der Schiiten unter der Hizbullah und der Sunniten unter Hariri. Sie waren alle zu einer Regierung zusammengekommen, nachdem es am 31. Oktober 2016 gelungen war, endlich einen libanesischen Präsidenten zu wählen. Die Wahl eines neuen Staatspräsidenten durch das libanesische Parlament war über 29 Monate und 45 versuchte Wahlsitzungen nicht zustande gekommen, weil die beiden verfeindeten politischen Blöcke einander im Parlament blockiert hatten.
Hinter dem einen stand Iran, und Saudi-Arabien stand hinter dem anderen. Als Saad Hariri dann im vergangenen Dezember seine Regierung antrat, hatte er einen Neubeginn für Libanon verheißen und gelobt, den alten Streit beizulegen. Nun aber, von Riad aus, tönt er sehr anders. Falls Hariri nach Libanon heimkehren sollte, könnte sich die politische Lage klären. Falls er in Riad bleibt, hat man anzunehmen, dass er entweder dort festgehalten wird, oder aber tatsächlich um sein Leben fürchtet.
Die Milliarden Hariris in Saudi-Arabien
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