Iran Israel Hisbollah - Foto: tala.ir

Waffenruhe im Libanon: bittere Pille für die Islamische Republik?

Ein Kommentar von Farhad Payar

Die Islamische Republik Iran (IRI) hat die Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah vom 27. November begrüßt. Um eine Sonderstellung unter den Regierungen einzunehmen, die nun Erleichterung bekunden, kündigte das iranische Außenministerium an, Teheran werde auch in Zukunft „die Regierung, das Volk und den Widerstand im Libanon“ unterstützen.

Die Waffenruhe im Libanon ist ein bemerkenswerter Wendepunkt, der die geopolitische Dynamik in der Region verändern könnte. Die IRI hat wiederholt ihre feindliche Haltung gegenüber Israel bekundet und schürt seit fast 45 Jahren durch seine Proxy-Gruppen, vor allem durch die libanesische Hisbollah, die Konfrontation mit dem jüdischen Staat. Dass die Hisbollah nun ihre Waffen vorläufig nicht gegen Israel einsetzen wird, lässt mehrere mögliche Interpretationen zu.

Zunächst könnte man argumentieren, dies stelle eine Niederlage für die IRI dar, die von der Vernichtung des Staates Israel träumt. Es ist möglich, dass sie durch ihre Zustimmung zu der Waffenruhe die eigenen militärischen und strategischen Ambitionen zugunsten einer pragmatischen Deeskalation geopfert hat. Eine Waffenruhe kann als Zugeständnis an die Schwierigkeiten verstanden werden, die Teheran durch die zunehmende militärische und diplomatische Isolation erlitten hat. Sie könnte auch ein Zeichen dafür sein, dass die militärische Eskalation gegen Israel den Ayatollahs zu kostspielig geworden ist.

Nicht wenige Beobachter:innen begreifen die Waffenruhe aber als taktisches Manöver der IRI. Sie nehmen an, dass das islamische Regime die vorläufige Niederlegung der Waffen in Libanon als Möglichkeit sieht, sich vorübergehend aus einem militärischen Konflikt zurückzuziehen, um ihre Position zu konsolidieren und auf langfristige Ziele hinzuarbeiten.

Nicht zuletzt könnte diese Entwicklung auch auf die geopolitische Rolle des Iran als führende Macht im „Widerstandslager“ – gegen Israel – hinweisen. Es ist möglich, dass die IRI vor einer Neuausrichtung ihrer strategischen Ziele steht, wobei sie mehr auf diplomatische Mittel setzt, um ihre politischen und ideologischen Ziele zu verfolgen.

In den vergangenen Jahren haben einflussreiche iranische Politiker immer wieder auf die militärische Übermacht Israels hingewiesen. „Die Militärmacht Israels ist die Militärmacht des Westens. Damit ist nicht zu scherzen“, warnte etwa Mehdi Afraz, Direktor des „Bagher Al Oloom Research Institute“, fast zeitgleich mit der Verkündung des Waffenstillstandes. Das religiös und militärisch einflussreiche Institut ist unter anderem für die „Ausbildung von Forschern und Gelehrten der Revolutionsfront, basiert auf rein islamischen Lehren“ und die Gegenwehr gegen die „ernste intellektuell-kulturelle Invasion der Feinde“ zuständig. Afraz kritisierte scharf die Verantwortlichen der IRI, „die glauben, ein Krieg gegen Israel wäre ein Spiel auf der Playstation“.

Israels „Siegeszug“

Es ist nicht zu überhören, dass Israels Regierung den Waffenstillstand als potenziellen „Siegeszug“ betrachtet. Und sie hat allen Grund dazu. Die israelische Armee hat in den vergangenen Jahren gezielt militärische Operationen in der Region durchgeführt, wobei iranische Stützpunkte zerstört und andere iranische Aktivitäten gestört wurden. Diese Angriffe, kombiniert mit internationaler Diplomatie, haben möglicherweise dazu beigetragen, dass die IRI eine Waffenruhe akzeptiert, statt einen offenen militärischen Konflikt zu riskieren.

Der Ausgang eines Konflikts wird nicht immer durch militärische oder politische Entscheidungen bestimmt, sondern auch durch die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und in den Medien. Sollte diese Waffenruhe als eine Form der Kapitulation oder des Rückzugs der Hisbollah wahrgenommen werden, wird Israel diesen Schritt als einen moralischen Sieg vermarkten.

Die Waffenruhe im Libanon könnte für Israel eine Gelegenheit bieten, sich auf andere strategische Ziele zu konzentrieren – sei es die Eindämmung iranischer Aktivitäten im Nahen Osten oder die Fortführung diplomatischer Initiativen mit den arabischen Staaten.

Zusammenfassend lässt sich zum einen sagen, dass die Waffenruhe zwar als Niederlage für die Islamische Republik interpretiert werden kann, gleichzeitig aber auch als ein Fortschritt Israels im Rahmen seiner geopolitischen Zielsetzungen.

Zum anderen zeigt sie, dass die geopolitische Landschaft des Nahen Ostens nicht statisch ist und dass auch die größten Akteure ihre Strategien anpassen müssen. Ob und wie diese Entwicklung die langfristigen Reaktionen der Akteure beeinflusst, wird sich in naher Zukunft zeigen.♦

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