Irans Angriff auf Israel: „Lächerliche Prahlerei“ oder Sieg?
Die Anhänger:innen des iranischen Regimes sehen den Angriff der Islamischen Republik auf Israel als eine „siegreiche Aktion“ und feiern ihren „Triumpf“. Dabei sollen 99 Prozent der abgefeuerten Drohnen und Raketen des Iran abgefangen worden sein. Die Sorge um einen Gegenangriff Israels ist groß.
Auf dem Palästina-Platz in Teherans gab es in der Nacht zum Sonntag und am Sonntagabend Feuerwerke. Die Regimeanhänger:innen haben dort den „siegreichen“ Angriff der Islamischen Republik Iran auf Israel gefeiert. Da Tanzen und fröhliche Musik in der Öffentlichkeit verboten ist, fand die Feier allerdings eher verhalten statt.
Den Befehl zum Angriff hatte Tage zuvor das Staatsoberhaupt Ali Khamenei indirekt erteilt: Israel solle für die Tötung der Revolutionsgardisten am 1. April „bestraft“ werden. An diesem Tag hatte Israel ein Gebäude des iranischen Konsulats in der syrischen Hauptstadt Damaskus zerstört und dabei sieben hochrangige Offiziere der iranischen Revolutionsgarde und sechs weitere Millitärs getötet.
Laut unterschiedlichen Angaben der iranischen und israelischen Medien haben der Iran und die von ihm unterstützten Gruppen in Irak, Libanon und Jemen in der Nacht zum Sonntag mindestens 300 Drohnen und andere Marschflugkörper Richtung Israel abgefeuert. 99 Prozent davon sollen außerhalb Israel abgefangen und „neutralisiert“ worden sein. Bei der Abfangaktionen sollen unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien und Jordanien mitgeholfen haben.
Über die Schäden, die das angebliche ein Prozent angerichtet haben soll, gab es bis Sonntagabend keine genauen Informationen.
Nichts als Schein?
In den Sozialen Netzwerken (SN) wird Irans Angriff von der Gefolgsschaft des Regimes frenetisch gefeiert und als „Vorbote zur Zerstörung“ Israels bezeichnet, während er von Regimegegner:innen als „eine Show“ oder „lächerliche Prahlerei“ eingestuft wird, die in erster Linie jene Regimeanhänger:innen zufrieden stellen sollte, die um Satisfaktion gerufen haben. Manche Regimekritiker glauben, der Angriff habe die militärische „Schwäche“ des Iran gegenüber Israel offengelegt.
Seit Sonntagsfrüh sind in den SN zahlreiche Videos im Umlauf, die den Angriff bzw. den Flug der Marschkörper zeigen sollen. Das iranische Fernsehen hat mehrmals einen Video-Clip ausgestrahlt, der zeigen soll, wie iranische Raketen und Drohnen erfolgreich die israelische Luftverteidigung umgangen und vorher festgelegte Ziele getroffen haben. Auch andere iranische Nachrichtenagenturen haben diesen gefälschten Clip mit der gleichen falschen Beschreibung veröffentlicht.
Am Sonntagnachmittag hat BBC mitgeteilt, dass es sich dabei um ein Fake-Video handele. Der Sender hat nach eigenen Angaben den Originalclip gefunden: es handele sich dabei um ein Video von einem Feuer in Vinadelmar in Chile, das im Februar auf TikTok veröffentlicht worden war.
Wird Israel zurückschlagen?
Nach Angaben von Farnoosh Ram, einer Mitarbeiterin von Radio Farda in Israel, seien dort die Politiker:innen in dieser Frage gespalten. Während die eine Gruppe eine sofortige Gegenmaßnahme erwartet, plädieren andere für „stratetische Geduld“- d. h. abwarten und im „richtigen Moment“ zuschlagen.
Die Minister des sicherheitspolitischen Kabinetts Israels delegierten die Befugnis, die Reaktion auf den Iran festzulegen, an drei Personen: Premierminister Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Yoaw Galant und EX-Verteidigungsminister Benny Gantz.
Reservegeneral Gantz sagte am Sonntag, sein Land werde eine „internationale Koalition“ gegen den Iran bilden. Teheran werde für den Angriff einen „angemessenen Preis“ zahlen, weil die Islamische Republik „ein globales Problem“ sei.
Alle Minister des Kriegskabinett Israeals, die sich zu Wort gemeldet haben, beharren auf einen Gegenschlag.
Es gibt aber auch andere Stimmen. General Amos Yaron, der ehemalige Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, sagte in einem Interview, dass die iranischen Behörden trotz ihrer „Prahlerei“ sehr gut wüssten, dass ihr Angriff gescheitert sei. Denn Israels Verteidigungsschilder hätten deutlich bewiesen, dass der Iran dem israelischen Militär so schnell nichts anhaben könne. Daher werde ein Schweigen Israels nicht als Schwäche angesehen werden.
Mohammad Bagheri, Generalstabschef der iranischen Streitkräfte hat am Sonntag mitgeteilt: „Aus unserer Sicht ist die Operation beendet und wir beabsichtigen nicht, sie fortzusetzen.“ Sollte Israel jedoch den Iran angreifen, müsste mit einer „noch härteren“ Antwort seitens des Iran rechnen.
Die Sorge um eine Ausweitung dieser Auseinandersetzung ist groß. Der UN-Generalsekretär und die westlichen Verbündeten Israels verurteilten den Angriff, betonten jedoch ihre Bemühungen, eine Eskalation der Spannungen zu verhindern. China, Russland und die arabischen Länder des Nahen Ostens legen Wert auf Zurückhaltung und die Vermeidung von Spannungen. Der UN-Sicherheitsrat wird sehr wahrscheinlich eine Dringlichkeitssitzung abhalten.♦
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