Die ewigen Geburtswehen der Islamischen Republik

Seit ihrer Gründung hat die Islamische Republik sieben US-Präsidenten erlebt, von Jimmy Carter bis Donald Trump. Männer von unterschiedlichen Charakteren und mit höchst verschiedenen Programmen in der Innen-und Außenpolitik. Doch trotz dieser Unterschiede gab es in all diesen Jahren bei den Sanktionen gegen den Iran Konstanz. Mit Reagan begann sie, dessen Nachfolger setzten die Sanktionsspirale, jeder auf seine Art, fort. Eine kurze Pause gab es es nur in jenen Jahren, in denen man „das Ende der Geschichte“ feierte: in der Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion und allem, was dann folgte. In dieser historischen Ära Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war George Bush Senior mit Wichtigerem beschäftigt, als sich der Iran-Sanktionsspirale zu widmen.

Sein Nachfolger Bill Clinton drehte aber weiter daran. Wegen der Unterstützung von Terroristen und des Strebens nach Massenvernichtungswaffen erließ er 1995 ein umfassendes Handelsembargo gegen den Iran. George Bush Junior ging noch weiter und erklärte die Islamische Republik zur „Achse des Bösen“, er ging sogar bis zur Schwelle eines heißen Krieges vor.

Obama drehte am meisten an der Spirale

Und dann kam der Hoffnungsträger Barack Obama. Seine Präsidentschaft gilt gemeinhin als Zeit der Entspannung und Annäherung zum Iran, denn mit ihm assoziiert man das weltweit gefeierte Atomabkommen. Doch so seltsam es klingen mag: Die Obama-Jahre waren die Ära härtester Sanktionen gegen den Iran. Zwar sprach er sich zu Beginn seiner Amtszeit für einen „konstruktiven Neuanfang“ mit dem Iran aus. Doch seine Außenministerin Hillary Clinton war Anhängerin der „lähmenden Sanktionen“ – eine Haltung, die man eher von Hardlinern gewöhnt war.

Während Obama im Geheimen eine Lösung für das Problem des iranischen Atomprogramms suchte, betraute er Dennis Ross mit dem Iran-Dossier: ein Falke, der in Washington als Israel-Lobbyist bekannt war. Ross war unter Bill Clinton Verhandlungsführer für den Nahen Osten und auch schon damals Sondergesandter für den Iran gewesen. Er war es, der vorschlug, jene iranischen Firmen zu sanktionieren, denen man Verbindungen zum größten Geldhaus des Landes, der Bank Melli, nachsagte. Weitere Sanktionen sollten folgen.

Der Bezirk Shahran in Teheran
Wegen Sanktionen und Missmanagement leben über die Hälfte der Iraner*innen unter der Armutsgrenze – Foto: Der Bezirk Shahran in Teheran

Der US-Kongress beschloss Ende Oktober 2009 eine bis dahin beispiellose Verschärfung. Sie sollte den Erdölimport, die Haupteinnahmequelle des Irans, zum Versiegen bringen. Allen ausländischen Finanzinstituten, die Geschäfte mit der iranischen Zentralbank oder mit anderen auf US-Listen geführten iranischen Finanzinstituten betrieben, wurde mit dem Verlust ihrer US-Korrespondenzkonten gedroht. Dies traf auch alle ausländischen Zentralbanken, wenn sie Ölverkäufe über die iranische Zentralbank abwickelten. So wurden ausländische Staaten gezwungen, kein Erdöl mehr aus dem Iran zu beziehen. Auch alle Firmen, die Benzin in den Iran exportierten oder an der Entwicklung der maroden iranischen Ölindustrie beteiligt waren, wurden bestraft. 2010 wurden erstmals Sanktionen gegen führende Mitglieder des iranischen Regimes wegen Menschenrechtsverstößen erlassen, 2011 war die petrochemische Industrie an der Reihe, eine weitere wichtige Einnahmequelle des Landes.

Und im Februar 2013 wurden Sanktionen gegen staatliche iranische Rundfunkanstalten und deren Verantwortliche beschlossen, weil sie die iranische Opposition zensierten. Alle diese Sanktionen blieben auch nach dem international gefeierten Atomabkommen in Kraft. Und Präsident Trump erbte und verschärfte sie.

Trump stopft die Löcher

Nachdem Donald Trump im Mai 2018 den Austritt aus dem Atomabkommen verkündet hatte, machte er sich daran, die letzten noch verbliebenen Löcher zu stopfen, durch die die Islamische Republik die Sanktionen zu umgehen versuchte. Ende April 2019 hob er die Ausnahmegenehmigungen auf, mit denen einige Länder für sechs Monate Ölgeschäfte mit dem Iran machen durften. Das Ziel war, den Iran von den fünf wichtigsten Käufern seines Öls – China, Indien, Japan, Südkorea und die Türkei – abzuschneiden. Und das Ziel wurde erreicht.

Im UN-Sicherheitsrat versuchte Trump sogar, mit dem sogenannten Snapback-Mechanismus die Rückkehr zu weiterreichenden Sanktionen gegen Teheran zu erzwingen. Er scheiterte zwar, doch das US-Sanktionsregime war auch so lähmend genug, es machte aus dem Iran ein beinahe völlig isoliertes Land. Selbst die Verwendung des US-Dollar im Rahmen einer Transaktion kann zum Verhängnis werden.

Auch mit Joe Biden bleiben Sanktionen bestehen

Erdölexporte, die diesen Namen verdienen, tätigt der Iran derzeit nicht mehr. Mit 6 bis 7 Millionen Barrel pro Tag war er einst der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt. Heute verkauft das Land auf Umwegen oder dem Schwarzmarkt täglich etwa 750.000 Barrel, doch selbst das ohne normale Banktransaktionen: oft Öl gegen Ware.

Wann und unter welchen Bedingungen der künftige US-Präsident Joe Biden zum Atomabkommen zurückkehren wird, ist ungewiss. Gewiss ist allerdings, dass auch unter Biden fast alle Sanktionen einstweilen Bestand haben werden. Denn Biden bräuchte für ihre Aufhebung die Zustimmung des US-Kongresses. Und dort gibt es genug Abgeordnete, die eine Lockerung der Fesseln des Iran ablehnen – unter ihnen viele Demokraten.♦

© Iran Journal

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