Wie geht es jetzt weiter?

Präsident Donald Trump hat über das Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) entschieden. Sein Land steigt aus der Vereinbarung aus. Was nun? Antworten von Behrooz Bayat, ehemaliger Berater der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien und Beobachter des iranischen Atomprogramms.


Zur Vorgeschichte:

Bei der Joint Comprehensive Plan of Action JCPOA handelt sich um einen umfassenden Vertrag über die Beschränkung des Nuklearprogramms des Iran. Die Vertragspartner waren bisher die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates China, Russland, USA, UK, Frankreich plus Deutschland (EU3) und der EU auf der einen Seite und die Islamische Republik Iran (IRI) auf der anderen Seite.
Nach mehr als einer Dekade währenden Verhandlungen sollte die angestrebte Vereinbarung aus der Sicht des Westens zwei Funktionen erfüllen: zum einen die umgehende Verhinderung der nuklearen Aufrüstung des Iran – der Vertragstext; zum zweiten mittelfristig die Hoffnung, dass die IRI durch ökonomische Öffnung zum Westen die Feindschaft gegenüber den USA und Israel und damit einhergehend die Einmischung in Länder wie den Libanon, Syrien und den Irak einstellen oder zumindest graduell reduzieren würde – der Vertragsgeist.
Aus der Sicht des iranischen Staatsoberhaupts Ayatollah Ali Khamenei sollte die JCPOA lediglich dazu beitragen, die gegen den Iran verhängten Sanktionen vollständig aufzuheben – ohne Rückwirkung auf seine sonstige Politik.
Die JCPOA hatte aber von Anfang an mächtige Gegner in den USA und unter deren Verbündeten – Israel und Saudi-Arabien – und ebenso im Iran. Donald Trump hat das Thema JCPOA bereits im Wahlkampf in diametraler Ablehnung der Obama-Politik ausgeschlachtet und sie als den schlechtesten Vertrag der US-Geschichte denunziert. Als Präsident musste er dann liefern.
Das faktische Resultat war, dass zwar die Sekundärsanktionen, die von der EU verhängt worden waren, formell aufgehoben wurden, aber durch eine gezielte Verunsicherung seitens der Trump-Administration die großen Banken und Konzerne davon abgehalten wurden, sich ernsthaft im Iran zu engagieren.

Dieses Foto kursiert seit Sonntag, den 24. November, in der persischsprachigen Internetgemeinde. Es zeigt den iranischen Außenminister M. Javad Sarif (li.) und seinen US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry beim Händeschütteln nach der "historischen Einigung" zwischen dem Iran und dem Westen zur Lösung des Atomkonflikts -. Foto: Fararu.com
Dieses Foto kursierte Tage lang im Internet: Irans Außenminister M. Javad Sarif (li.) und sein US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry beim Händeschütteln nach der „historischen Einigung“ zwischen dem Iran und der 5+1-Gruppe zur Lösung des Atomkonflikts -. Foto: Fararu.com

 Was die JCPOA gebracht hat

Sie hat alle denkbaren Wege der IRI zur nuklearen Bewaffnung versperrt, die Entstehung eines neuen Krieges unterbunden, den freien Fall der iranischen Wirtschaft ausgebremst und verhindert, dass der Mittlere Osten noch weiter im Chaos versinkt.
Die JCPOA hat aber nicht vermocht, die konfrontative Politik des iranischen Regimes gegenüber den USA und Israel zu besänftigen – ein Zustand, der von dem noch despotischeren Regime von Saudi-Arabien ausgenutzt wurde, um Stellvertreterkriege zu entfachen.
Der Nukleardisput ist jedoch nur ein Aspekt eines umfassenderen Dissenses zwischen der IRI und den USA sowie Israel. Diese Animosität ist zur Legitimationsbasis und zum ideologischen Kitt, ja zur Raison d’etre der IRI mutiert.
Trotz mehrfach von der IAEA bestätigter Vertragstreue des Iran bricht Donald Trump die Vereinbarung nun einseitig und fordert ultimativ, dass die folgenden Klauseln in der JCPOA geändert werden müssten:

  • Die Sunset-Klausel, die beinhaltet, dass die IRI nach 8, 10, 15 und 25 Jahren eine Lockerung der Beschränkung ihres Nuklearprogramms erwarten kann. Trump fordert, dass die jetzige temporäre Beschränkung perpetuiert wird.
  • Die Internationale Atomenergie Behörde IAEA müsste jederzeit jegliche Einrichtung im Iran inspizieren dürfen.
  • Die IRI sollte keine Möglichkeit besitzen, jemals atomare Aufrüstung zu betreiben
  • Der Iran sollte keine Möglichkeit haben, ballistische Missiles großer Reichweite und/oder nukleare Träger zu entwickeln.

Die Erfüllung dieser Forderungen der USA – insbesondere der Sunset-Klausel – erfordert die erneute Verhandlung der JCPOA. Die übrigen Unterzeichner der JCPOA lehnen aber diese Forderungen aus folgenden Erwägungen ab:

  • Der Vertrag hat die Gefahr einer atomaren Aufrüstung der IRI gebannt.
  • Im Hinblick auf die destabilisierende Wirkung, die ein Bruch der JCPOA im Mittleren Osten entfalten kann, fürchten sie Konsequenzen wie etwa eine neue Fluchtbewegung.
  • Sie wollen nicht, dass ein mühsam ausgehandelter Vertrag über Bord geworfen und damit der Bruch der internationalen Vereinbarungen zum Normalfall wird.

Die IRI-Führung hatte von Anfang an ein ambivalentes Verhältnis zur JCPOA. Sie musste auf zwei Dinge verzichten: das Nuklearprogramm als potenzielle Abschreckung und als Quelle des Stolzes, ja ihrer Ehre. Auf der anderen Seite hat die erdrückende Wucht der Sanktionen die IRI-Führung gezwungen, eine „heldenhafte Flexibilität“ an den Tag zu legen, um einen ökonomischen Kollaps zu verhindern.

Was kann der Iran tun?

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