Zwischen Krieg und Sanktionen – Raissis erster Haushalt

Haushalt und US-Sanktionen

Die Behauptung der Regierung, Wirtschaftsplanung und Entwicklung des Landes ungeachtet der Sanktionen gegen den Iran weiterentwickeln zu wollen, bestätigen die im Haushaltsgesetz festgeschriebenen Maßnahmen nicht. So ist dort etwa der Tauschwert eines US-Dollars mit 23.000 Toman berechnet. Beobachter bewerten diese Rate als Zeichen für eine mögliche Einigung des Irans mit den USA bei den neuen Verhandlungen über das Atomabkommen. Denn falls diese Verhandlungen in Wien scheiterten, verlöre die iranische Währung weiter an Wert und könnte den derzeitigen Wechselkurs von etwa 29.000 Toman für einen USD nicht halten.

Auch die Menge des für den Verkauf vorgesehenen Erdöls bestätigt indirekt, dass die iranische Regierung bestrebt ist, die Verhandlungen zu Ende zu bringen. Im Haushaltsgesetz ist eine gut neunprozentige Erhöhung der Erdöleinnahmen vorgesehen, die mit einer täglichen Exportmenge von 1,2 Millionen Barrel erreicht werden soll. In Anbetracht der Tatsache, dass der Iran im vergangenen Jahr täglich nur 700.000 Barrel exportieren konnte, wäre das eine über 80-prozentige Steigerung des Exports, die nur im Falle einer Einigung mit den USA zu erwarten ist. Allerdings spielt die Entwicklung des internationalen Erdölmarkts mit dem Krieg in der Ukraine den Iranern in die Hände. Eine Erhöhung der Erdöleinnahmen ist nicht auszuschließen.

Der iranische Finanzminister Ehsan Khandouzi sagte am 18. März der Financial Times, ein „gerechtes Wachstum“ und die Erhöhung der Staatsinvestitionen seien weitere Ziele, die die Regierung mit dem Haushaltsgesetz verfolge. Er klingt auch hinsichtlich der laufenden Atomverhandlungen in Wien ziemlich optimistisch.

Ein beachtlicher Anteil des Jahresbudgets geht an die religiösen Ausbildungsstätten für Mullahs (Hawza)!
Ein beachtlicher Teil des Staatshaushalts geht an die religiösen Ausbildungsstätten für Mullahs (Hawza)!

Fehlende Transparenz

Mohsen Zangeneh, der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für die Verbesserung der Haushaltsstruktur, kritisiert die fehlende Transparenz über Einnahmen und Ausgaben der bewilligten Mitteln im Rahmen des Haushaltsgesetzes. So wisse niemand, wie hoch die Erdöleinnahmen sind: „Selbst der Ölminister weigert sich, darüber zu reden, da diese Information als höchst geheim klassifiziert sei und nur zwei oder drei Personen im Land das wissen dürften.“ Zangeneh kritisiert auch, dass niemand, einschließlich er selbst als Mitglied des Parlamentsausschusses für Haushalt und Planung, über das Volumen der iranischen Budgetdefizite informiert ist.

Im neuen Haushaltsgesetz fehlen auch die üblicherweise veröffentlichten Tabellen, die detailliert über die Einnahmen und Ausgaben einzelner staatlichen Institutionen informieren.

Haushaltsexpert*innen im Iran kritisieren auch die starke Abhängigkeit des Haushalts von den Erdöleinnahmen sowie den großen Anteil staatseigener Unternehmen am Etat. Etwa zwei Drittel des Haushaltes werden jährlich diesen Banken und Unternehmen zur Verfügung gestellt, ohne dass die Tätigkeit dieser Institutionen und diese enormen Ausgaben kontrolliert werden könnten. Laut einem Bericht des Rechnungshofes über die 377 staatseigenen Unternehmen des Iran arbeiten nur 104 davon mit Gewinn, 162 Unternehmen mit Verlusten. Die restlichen 111 machen weder Gewinne noch Verluste.

Der Parlamentarier Ali Akbar Karimi bezeichnete die staatseigenen Unternehmen als „Hinterhöfe der Ministerien“, wo unkontrolliert Ausgaben für Luxusfahrzeuge oder In- und Auslandsreisen getätigt würden. Mohsen Zangeneh erklärte zudem, das 90 Prozent der vom Parlament im vergangenen Haushalt beschlossenen Regelungen über staatseigene Unternehmen nicht umgesetzt worden seien.

Auch im Haushaltsgesetz wird deutlich, dass Gesetze für viele Institutionen und Personen, etwa Ayatollah Chamenei, keine Bedeutung haben. So sind laut Absatz 18 Punkt B 3 alle Institutionen des Landes verpflichtet, Gebäude und Grundstücke, über die sie verfügen, zu registrieren und ihr Eigentum daran zu erklären. Im gleichen Absatz sind jedoch das Militär, die Sicherheitsorgane, die Organisation für Nuklearenergie und die Institutionen, die dem „Revolutionsführer“ unterstellt sind, davon entbunden.

Die Bedeutung dieser Befreiung wird am Beispiel des „Execution of Imam’s Order“ (Setade Ejraie Farman Emam) klar. Diese staatliche Institution kontrolliert Tausende konfiszierte Unternehmen, Gebäude und Grundstücke und beschlagnahmt bis heute die Besitztümer von politischen Gegnern des Regimes. Die Nachrichtenagentur Reuters schätzte bereits 2013 den Wert des Eigentums dieser Institution auf 95 Milliarden US-Dollar.

Fazit

Trotz aller Anstrengungen der iranischen Regierung sind die in ihrem neuen Haushaltsgesetz formulierten Ziele vor dem Hintergrund der etwa 40-prozentigen Inflationsrate und der sinkenden Kaufkraft der unteren Einkommensschichten im Iran schwer zu erreichen. Andererseits reicht das Haushaltsvolumen knapp aus, um die laufenden Kosten und die Gehälter der Staatsbediensteten zu sichern, ohne allerdings die erforderlichen Mittel für die Finanzierung von Entwicklungsprojekten zu haben. Laut Mohsen Zangeneh ist derzeit die Fertigstellung von etwa 90.000 unvollständigen Entwicklungsprojekten wegen knapper Finanzmittel ungewiss.♦

© Iran Journal

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