Die Geheimakte Zarif

Das Wort „Garden“ benutzt Zarif selten. Dafür spricht er oft von – میدان – Meydan. Dieses persische Wort kann man mit Platz, Szene, Feld, aber auch mit Schlachtfeld übersetzen, je nachdem, worüber man gerade redet. Zarif geht es aber hauptsächlich um den „Kommandanten des Meydans“, um den toten, aber immer noch verehrten Qassem Soleymani.

Im Lauf des Gesprächs betont Zarif mehrmals, was er sage, dürfe nicht publik werden, er erzähle nur für die Zukunft, nur für die Geschichte und für die Geschichtsschreiber, deshalb rede er auch so offen. Eine Veröffentlichung beabsichtigte auch der Interviewer nicht, jedenfalls behauptet er das. Der Wirtschaftsjournalist Said Leylaz, ein Vertrauter von Präsident Hassan Rouhani, hat ein großes Projekt, das er „mündliche Geschichte“ nennt. Deshalb führt er in diesen Tagen, in denen Rouhanis Präsidentschaft zu Ende geht, Gespräche mit dem Präsidenten und seinen Ministern.

Sieht man von den obligatorischen Huldigungen ab, liefert Zarif von Soleymani das Bild eines Mannes mit zerstörerischer Dominanz, eines machtbewussten Tausendsassas, der alles und jeden beherrschen will, ein Mann mit universalem Anspruch, der niemandem Rechenschaft zu geben braucht.

„In der Islamischen Republik herrscht der Meydan (das Schlachtfeld). Ihm opferte ich die Diplomatie, aber der Meydan half nie der Diplomatie“, sagt Zarif und bietet dafür vielsagende Beispiele und zum Teil erschreckende Details, mit denen sich tatsächlich die Geschichtsschreiber und in einigen Fällen auch die Gerichte werden befassen müssen.

Putin will Dauerspannung

Zarif konzentriert sich bei Beschreibung von Soleymanis Rolle auf vier Themen: das Atomabkommen, Russland, den Syrienkrieg und die Spannung mit Saudi-Arabien. Einige seiner Feststellungen lauten: Russland wünsche keine echte Entspannung zwischen dem Iran und dem Westen, im Gegenteil. Moskau wolle, dass stets eine andauernde, aber kontrollierbare Spannung zwischen Teheran und Washington herrsche.

 

Als Syriens Präsident Bashar Assad den Iran besuchte, traf er Präsident Hassan Rouhani im Beisein des Generals Qassem Soleymani, Außenminister Zarif war nicht dabei!
Als Syriens Präsident Bashar Assad (Mitte) den Iran besuchte, traf er Präsident Hassan Rouhani (re.)  im Beisein des Generals Qassem Soleymani (li.), Außenminister Zarif war nicht dabei!

Vor dem Atomabkommen habe General Soleymani mehrmals versucht, nach Moskau zu reisen, Putin habe das aber immer abgelehnt. Erst nach der Unterzeichnung des Abkommens hätte Putin im September 2015 Soleymani zu sich bestellt. Ab da verwandelten sich der Revolutionsgarden zu Bodentruppen der russischen Luftwaffe in Syrien. Es sei nicht allein um Assad und den IS, sondern auch darum gegangen, die Früchte des Atomabkommens zu vernichten. Was auch geschah. Die Revolutionsgarden exekutierten im Iran die russische Politik. Und Ali Khamenei stehe mitten im Meydan.

Weniger wert als ein Lastenträger

Als der Interviewer mit hämischem Lachen fragt: „Wo stehen Sie denn in dieser Ordnung?“, ist Zarifs Antwort ein persischer Ausspruch, der für tiefe Erniedrigung und Demütigung steht:

„نظام باقلی هم بار من نمی‌کند“- „Für das System bin ich nicht mal ein Träger von Bohnen“. Und fügt er hinzu: „Vielleicht ende ich irgendwann, irgendwo im gestreiften Hemd.“

Unrecht hat er nicht. Vier Tage nach diesem Gespräch werden Stimmen laut, Zarif solle vor Gericht gestellt werden. Am Mittwoch sagte der Generalstaatsanwalt, wegen dieser Audiodatei seien bereits Ermittlungen im Gang.

„Jedes mal, wenn ich mich auf den Weg zu den Atomgesprächen machen wollte, zählte mir Soleymani Punkt für Punkt auf, was ich zur Sprache bringen und welche Ergebnisse ich erzielen solle. Aber niemals brachte ich fertig, Soleymani zu überzeugen, der Diplomatie zu helfen.“

Zivile Fluggesellschaft im Dienste der Quds-Brigaden

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