Zwei Jahre Hausarrest und kein Ende

Seit zwei Jahren stehen die Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi nun unter Hausarrest. Die iranische Regierung verstoße damit gegen die Menschenrechte, sagen Kritiker.
Seit Mitte Februar 2011 werden die  Anführer der „Grünen Bewegung“ Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi sowie dessen Frau Zahra Rahnavard, im Hausarrest festgehalten – ohne Verurteilung oder auch nur rechtmäßigen Prozess. Der Grund für ihre Arrestierung: Sie hatten damals zu einer Großdemonstration als Zeichen der Solidarität mit dem arabischen Frühling aufgerufen. Ausschließlich Familienangehörige dürfen die Arrestierten besuchen. Sie sind damit auch deren einziger Kontakt zur Außenwelt. Wohl deshalb erhöht die iranische Regierung nun auch den Druck auf die Angehörigen der Oppositionellen. In der vergangenen Woche wurden deren Kinder mehrmals von Behörden vernommen. Dabei soll es hauptsächlich um die Frage gegangen sein, in welcher Beziehung sie zu dem persischsprachigen Nachrichtenportal Kalameh stünden und ob sie darüber Informationen über die Situation ihrer Eltern verbreiteten. Das berichtete Kalameh selbst am 12. Februar. Demnach soll Mehdi Karroubis Sohn Hossein am 11. Februar acht Stunden lang vernommen worden sein. Moussavis Töchter Narges und Zahra mussten sogar zweimal innerhalb einer Woche für mehrere Stunden zum Verhör durch die Staatsanwaltschaft. Außerdem sollen Sicherheitsbeamte Narges Moussavi bei der Durchsuchung ihrer Wohnung beleidigt und bedroht haben. „Wenn ich könnte, würde ich Dich aus dem Fenster werfen“, habe einer der Beamten zu Narges Moussavi gesagt, berichtet Kalameh.

Den Aufrufen von Moussavi und Karrubi zu friedlichen Demonstrationen folgten Millionen junge IrannerInnen
Den Aufrufen von Moussavi und Karrubi zu friedlichen Demonstrationen folgten Millionen junge IrannerInnen

Ardeshir Arjomand, der ehemalige Rechtsberater vom Mir Hossein Moussavi, meint, solches Verhalten der Sicherheitsbehörden belege das Einverständnis des religiösen Oberhauptes Ayatollah Ali Khamenei mit den Vorgängen. Khamenei könne „heutzutage nicht mehr behaupten, er habe vom rechtswidrigen Umgang der Sicherheitsbeamten mit den Familien Moussavi und Karroubi nichts gewusst“, so Arjomand. „Seit längerem deuten die Verantwortlichen immer wieder an, dass die beiden Oppositionsführer auf  Befehl von Ayatollah Khamenei unter Hausarrest gestellt wurden und mit seiner Erlaubnis freigelassen werden könnten. Kahmeneis Schweigen dazu bedeutet Zustimmung.“ In einem Interview im persischsprachigen Programm der Deutschen Welle (DW Farsi) sagte Arjomand, der auch Mitglied des Koordinationsrats „Rahe Sabze Omid“ (Grüner Pfad der Hoffnung) ist, hinter den neuen Repressalien stehe eine eindeutige Botschaft: „Damit will man denen, die sich auf die nächsten Wahlen vorbereiten, deutlich machen, dass es keine freie Wahlen geben wird.“
„Hausarrest Zeichen der Hilflosigkeit des Staates“
Zahra Rahnavard, Universitätsdozentin und Wegbegleiterin von Mir Hossein Moussavi, steht zusammen mit ihrem Mann unter Hausarrest
Zahra Rahnavard, Universitätsdozentin und Wegbegleiterin von Mir Hossein Moussavi, steht zusammen mit ihrem Mann unter Hausarrest

Ahmad Montazeri, der Sohn des 2009 verstorbenen iranischen Regimekritikers Großayatollah Hossein Ali Montazeri, bezeichnete in einem Interview mit der Deutschen Welle Farsi die über zwei Jahre andauernde Arrestierung der beiden Oppositionsführer als “Zeichen der Schwäche und Hilflosigkeit“ des Staatsapparats. „In bestimmten Kreisen hört man sogar, dass der Staat Angst hat, mit einer Aufhebung des Hausarrests könne es zu einem regelrechten Besucher-Ansturm auf Moussavi und Karroubi kommen“, berichtet Montazeri. Es könnte deshalb sein, dass die zwei Oppositionsführer bis zum Ende ihres Lebens festgehalten würden, so Montazeri: „Aber das bringt dem Staat keinen Vorteil. Im Gegenteil: Ein stabiles Staatssystem würde Andersdenkende freilassen und sich nicht vor ihnen fürchten.“Dass einst hochrangige Funktionäre der islamischen Republik zu Kritikern des Regimes und deshalb verhaftet oder unter Hausarrest gestellt werden, ist nichts Neues. Diesen Weg nahm auch der verstorbene Vater von Ahmad Montezari, Großayatollah Hossein Ali Montazeri. Der galt jahrelang als designierter Nachfolger von Ayatollah Khomeini, bis ihm seine öffentliche Kritik an den Menschenrechtsverletzungen der iranischen Regierung zum Verhängnis wurde. Mit der Machtübernahme durch Ayatollah Khamenei wurde Montazeri für mehr als sechs Jahre unter Hausarrest gestellt.
Menschenrechtler fordern Freilassung
Am 13. Februar forderte die Rechtsanwältin und Friedensnobelpreisträger-in Shirin Ebadi in einem offenen Brief die sofortige Freilassung der Oppositionsführer. Es liege offenbar kein Beweismaterial gegen diese vor, so Ebadi, „sonst hätte man einen rechtmäßigen und öffentlichen Prozess gegen sie führen können“. Ihr Brief wurde unter anderem von den Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen unterschrieben.