Warnsignale an die Öffentlichkeit

Während der Iran sich auf die Präsidentschaftswahlen im Juni vorbereitet, schickt das klerikale Regime ein Signal an diejenigen, die Widerstand leisten könnten – etwa an die Medien. Die Botschaft lautet: „Ihr werdet es bereuen“.
Seit Tagen kursieren Fotos in der persischsprachigen Internetgemeinde, die einen Verurteilten neben einer Apparatur zeigen, die zur Amputation von Fingern konstruiert wurde. Die Fotos sollen die öffentliche Bestrafung eines Diebes am 23. Januar im Iran zeigen. Dazu verkündet der Chefankläger der südiranischen Großstadt Shiraz, Verurteilungen und Bestrafungen von Straftätern würden in Zukunft deutlich härter ausfallen. Eine Begründung dafür liefert er nicht. Der auf den Fotos abgebildete Dieb soll neben der Amputation der Finger mit drei Jahren Haft und 99 Peitschenhieben bestraft worden sein.
„Das Erstaunliche ist, dass es sich hierbei nicht nur um eine öffentliche Amputation handelt, sondern dass die Fotos von offiziellen Nachrichtenagenturen verbreitet wurden“, sagte der in Norwegen lebende Sprecher der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights, Mahmoud Amiry-Moghaddam, in einem Interview mit France 24. „Die Fotos zeigen eine Apparatur, von der es bis jetzt keine Abbildungen zu sehen gab. Wir stellen fest, dass die Behörden seit kurzem körperliche Bestrafungen mehr und mehr öffentlichkeitswirksam durchführen. Immer kurz vor den Wahlen steigt die Anzahl solcher Fälle. Die Präsidentschaftswahlen stehen bevor. Ich glaube deshalb, dass es sich hierbei um eine Strategie zur Einschüchterung der Bevölkerung handelt, um Proteste zu verhindern“, so Amiry-Moghaddam.
Botschaft an die Reformer

Verhaftete JournalistInnen - oben v. li.: Soleyman Mohammadi, Narges Joudaki, Sasan Aghai - unten v. li.: Saba Azarpeyk, Akbar Montakhabi, Milad Fadai, Emili Amrai
Verhaftete JournalistInnen - oben v. li.: Soleyman Mohammadi, Narges Joudaki, Sasan Aghai - unten v. li.: Saba Azarpeyk, Akbar Montakhabi, Milad Fadai, Emili Amrai

Neben solchen Warnungen an die Opposition hat Teheran auch Medien ins Visier genommen, die als Forum und Sprachrohr für regierungsfeindliche Meinungen dienen könnten. Allein in den vergangenen zwei Wochen wurden mehr als ein Dutzend Journalisten verhaftet. Der in Teheran lebende prominente Oppositionelle Mohammad Nourizad sieht in der Verhaftungswelle ein klares Warnsignal an die wenigen reformorientierten Publikationen des Landes, bei der Berichterstattung zu den Wahlen größte Vorsicht walten zu lassen. Gegenüber Radio Farda sagte Nourizad: „Wir nähern uns den Wahlen. Somit müssen die Behörden Maßnahmen gegen die reformorientierte Presse ergreifen.“Die meisten Journalisten wurden am 27. Januar während gleichzeitiger Razzien in den Redaktionen der Tageszeitungen „Arman“, „Bahar“, „Etemaad“, „Shargh“ und der Wochenzeitung „Aseman“ verhaftet. Berichten zufolge durchsuchten Sicherheitskräfte dabei auch die Privatwohnungen einiger Journalisten.
Khamenei warnt vor Kritik
Irans religiöser Führer Ayatollah Ali Khamenei riet den Iranern davon ab, die im Juni stattfindenden Präsidentschaftswahlen zu kritisieren. Solche Kritik würde lediglich Irans Feinden nützen, so Khamenei: “Wer Empfehlungen und Bedenken äußert, sollte darauf achten, nicht der Sache des Feindes zu dienen.”Unklarheit herrscht immer noch darüber, ob der aus konservativen Klerikern bestehende Wächterrat die Teilnahme von Reformpolitikern an den Wahlen überhaupt zulassen wird. Der erzkonservative Rat ist neben der Überprüfung von Beschlüssen des iranischen Parlaments auch für die Zulassung der Kandidaten bei Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zuständig.Einflussreiche konservative Politiker haben wiederholt betont, Reformer dürften kandidieren, wenn sie sich zuvor von den Oppositionsführern Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karrubi distanzieren. Moussavi und Karrubi waren aussichtsreiche Kandidaten bei den Wahlen im Jahr 2009 und wurden danach zu leitenden Figuren der landesweiten Proteste gegen die Regierung im Iran. Beide stehen unter Hausarrest, seit sie die Rechtmäßigkeit des damaligen Wahlausgangs bestritten haben.
FT
Aus dem Englischen von: Resa Mohabbat-Kar
Quellen: Irna, Radio FardaFrance 24