Wem nützt ein Krieg gegen Iran?

Geht es bei den aktuellen amerikanisch-israelischen Schulterschluss nur um den Iran oder ist er Teil eines  viel größeren Plans? Spielt dabei der israelisch-palästinensische Konflikt eine Rolle? Und wo stehen die Golfstaaten angesichts der Kriegsdrohung in der Region? Eine Analyse des Nahostexperten Khaled Hroub.

Der israelisch-palästinensische Friedensprozess empfiehlt sich allen als „Erfolgsmodell“. Man rufe einen regionalen „Prozess“ ins Leben, der von den USA unterstützt wird, und füge ihm die Attribute „Frieden“, „Krieg“ und einen attraktiven Lockvogel hinzu. Anschließend traktiere man die Parteien wechselweise mit Zuckerbrot und Peitsche.
Während dieses „Prozesses“ – der bereits mehr als ein Vierteljahrhundert andauert – hat sich der „palästinensische Esel“ auf der Jagd nach der imaginären Karotte verausgabt, nämlich der Hoffnung auf einen eigenen palästinensischen Staat. In dieser Zeit hat Israel den Esel mal hierhin und mal dorthin geschickt und dabei die Schnur mit der Karotte in diese oder jene Richtung gezogen. Während jede Form eines nachhaltigen Friedens im Nahen Osten de facto begraben wurde, dominiert dieser ausgeklügelte, bewährte „Prozess“ weiter die politische Bühne.
Martin Indyk, Ministerialdirektor für Nahost-Angelegenheiten und ehemaliger US-Botschafter in Israel in der Clinton-Ära, sagte einmal: „Wir nutzen den Motor der Friedensstiftung zur Veränderung der Region.“ Das ist tatsächlich gelungen und gelingt auch weiterhin.
Dieser „Friedensprozess“ schuf den diplomatischen Kontext und die Ausrede dafür, dass Israel an der Besetzung palästinensischer Gebiete festhält, der regionalen und internationalen Gemeinschaft aber gleichzeitig den Wunsch nach Frieden vorspiegelt und den Eindruck vermittelt, der Friedensprozess mit den Palästinensern sei im Gange, eine endgültige Lösung nur noch eine Frage der Zeit.
Unter dem Deckmantel dieses Friedensprozesses schufen die israelischen Regierungen Fakten: Das Territorium des zukünftigen palästinensischen Staates löste sich durch eine verstärkte Siedlungspolitik in Luft auf.
Die Palästinensische Autonomiebehörde, ursprünglich eine auf fünf Jahre angelegte Übergangsregierung und Kern eines künftigen palästinensischen Staates, wurde zu einem De-facto-Sicherheitsapparat, der israelische Siedler schützt und wütende Palästinenser inhaftiert, die es wagen, Widerstand zu leisten.

Gute Freunde: Ayatollah Ali Khamenei (re.), Irans Staatsoberhaupt und Ismail Haniyya, Führer der palästinensischen Hamas
Gute Freunde: Ayatollah Ali Khamenei (re.), Irans Staatsoberhaupt und Ismail Haniyya, Führer der palästinensischen Hamas

 
Ein neuer regionaler Prozess
Palästina manövrierte sich politisch und geographisch in eine gespaltene Fatah und Hamas, in Westjordanland und Gazastreifen. Israel spielt beide Seiten gegeneinander aus und lässt seinen Rivalen dabei genügend Spielraum, sich gegenseitig zu bekämpfen, ohne hierbei Israel zu schaden.
Inzwischen reift ein neuer regionaler „Prozess“ im Nahen Osten heran. Diesmal ist es jedoch ein „Kriegsprozess“, der von vornherein allen Friedensbemühungen eine Absage erteilt.
Das gegen den Iran gerichtete israelisch-amerikanische Säbelrasseln wurde jüngst wieder aufgenommen: Vor dem anschwellenden Chor der Iran-Gegner kündigte die Regierung Trump an, iranische Ölimporte wieder zu sanktionieren. Parallel dazu entsandte sie weitere Marinestreitkräfte in den Nahen Osten.
An das zyklische Säbelrasseln gegen den Iran haben wir uns in den letzten Jahrzehnten gewöhnt. Der aktuelle Vorstoß scheint jedoch in ein größeres Konzept eingebettet zu sein: Die Schaffung eines regionalen „Iran-Kriegsprozesses“ durch die USA und Israel, der Israel maximalen Nutzen einbringen soll, obwohl er für andere Länder der Region den größtmöglichen Schaden bringen wird.
Seit vielen Jahren hält Israel mit seiner Anti-Iran-Strategie die Welt auf Trab, indem es um externe Unterstützung bittet und gleichzeitig den inneren Zusammenhalt beschwört. Im Mittelpunkt dieses Diskurses steht die oft wiederholte Drohung, der Iran wolle Israel von der Landkarte fegen.
Hardliner schaden den Interessen der Palästinenser
Radikal-islamistische Stimmen, wie der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadineschad (2005-2013), haben sich tatsächlich so geäußert. Doch dass seine Worte nicht mehr als ideologische Propaganda waren, ist bekannt. Sie dienten der Stärkung der iranischen Verhandlungsposition bei den damals begonnenen Verhandlungen mit den USA und mit Europa über das internationale Atomabkommen.
Teherans rhetorische Hetze schadete den Interessen der Palästinenser und lenkte die internationale Aufmerksamkeit ab von der israelischen Besetzung und Besiedlung des Westjordanlands sowie Ost-Jerusalems. Offensichtlich versuchte Israel lediglich, seine nördliche Grenze mit der Absicht zu stärken, alle zukünftigen Angriffe unter Beteiligung des Iran überstehen zu können.
Diese „Drohungen“ ermöglichten es Israel zudem, mehr militärische und diplomatische Unterstützung einzuwerben. In jüngster Zeit gelang es Israel, sich die widerrechtliche Annektierung der syrischen Golanhöhen seitens der USA absegnen zu lassen, die Israel seit dem Sechstagekrieg 1967 besetzt hält.
Umwerbung der Golfstaaten
Fortsetzung auf Seite 2