Eine „Bibel“ und der islamische „Gottesstaat“

Nach diesen klaren Worten schildern sie, wie seit Bestehen der Islamischen Republik alle US-Präsidenten daran gescheitert seien, das Verhalten der Machthaber im Iran zu ändern. Sie fangen bei Ronald Reagan und dessen Iran-Contra-Affäre an, als die USA heimlich Waffen nach Teheran lieferten, und sie hören mit Barack Obama und dessen Atomabkommen auf, das einst als Meisterwerk der Weltdiplomatie gefeiert wurde.

Alle US-Präsidenten der letzten vierzig Jahren seien mit ihrer Iran-Politik gescheitert, weil sie das Wesen der iranischen Revolution nicht verstanden hätten. Denn die schiitischen Machthaber in Teheran seien keine normalen Staatsmänner, sondern Revolutionäre, und sie unterschieden sich zudem noch grundsätzlich von allen anderen Revolutionären der jüngeren Geschichte: Weil sie auch nach ihrem Sieg aktive Revolutionäre geblieben seien. Verständlich, dass sie keinen normalen Staat gründen wollten und könnten. Denn eine solche Normalität bedeute den Tod ihrer Revolution – und den Verlust ihrer Macht.

Trump sei zwar aus dem Atomabkommen ausgetreten, habe noch nie dagewesene, lähmende  Sanktion gegen den Iran verhängt, er ordnete sogar die Tötung Qasem Soleimanis an, des wichtigsten iranischen Militärkommandanten. Doch trotzdem wiederhole er unentwegt, er wolle einen „neuen Deal“ mit dem Iran.

Genauso wenig wie seine Vorgänger verstehe Trump, dass die schiitische Revolution ein einziges Ziel verfolge: die Verwirklichung eines göttlichen Prinzips auf Erden. Alles, was der verstorbene und der heutige Revolutionsführer getan und unterlassen hätten, habe stets nur diesem Endziel gedient. Eine Republik sei das Teheraner Regime nie gewesen, Parlamente und Wahlen seien allein Dekoration für eine Revolution, die nur dann vital bleibe, wenn sie exportiert werde. Deshalb könnten und würden die iranischen Theokraten ihr Verhalten niemals ändern.

Die Linken haben den Islamisten zum Sieg gegen die Schah-Diktatur verholfen
Die Linken haben den Islamisten zum Sieg gegen die Schah-Diktatur verholfen

Das Ende der Revolution

Doch die herrschende Revolution sei heute schwächer denn je, ja eigentlich ausgezehrt. Hier zählen die Autoren die bekannten Gründe auf, warum die Islamische Republik in die Sackgasse geraten ist: überbordende Korruption, ein Berg von sozialen und wirtschaftlichen Problemen, wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, Unglaubwürdigkeit der Herrschenden, internationale Isolation, Zusammenbruch des Erdölexports, die Sanktionen, die Corona-Pandemie und schließlich die Unfähigkeit der Machthaber, alle diese Krisen zu managen.

Die kommende Revolution

Die Autoren analysieren ausführlich das endgültige Scheitern der iranischen Reformer, die „Islamische Republik“ in einen normalen Staat zu verwandeln, und sie zeigen akribisch, wie dieses Scheitern zustande kam.

Und in dieser Situation verliere die iranische Bevölkerung ihre Angst: Sie habe in den vergangenen Monaten wiederholt gezeigt, dass sie sich eine andere, eine post-theokratische Zukunft wünsche, schreiben die Autoren und weisen auf die zahlreichen Protesten der letzten Monate mit hunderten Toten und tausenden Verhafteten hin. Die Iraner seien zwar mehrheitlich unzufrieden, der Iran voller Meinungsverschiedenheiten, aber eine kohärente Widerstandsbewegung sei nicht in Sicht – noch nicht. Und auch Washington könne eine solche Bewegung nicht künstlich ins Leben rufen. Die Frage sei aber nicht, ob, sondern wann im Iran eine Revolution entstehe, so der Kern ihrer Analyse.

Und die Autoren warnen, die USA sollten bescheiden bleiben und begreifen, dass sie die Geschehnisse im Iran nicht gestalten könnten.

Was könnten, was sollten die USA dann aber machen, wie sollte Trumps Iran-Politik nun aussehen?

Was sollen die USA tun?
Fortsetzung auf Seite 3