Reaktionen auf den Tod von Armita Garavand
Heute Morgen wurde in den staatlichen iranischen Medien der Tod von Armita Garavand bekannt gegeben. Die Schülerin hatte 28 Tage lang im Koma gelegen, nachdem sie am 1. Oktober in einer Teheraner U-Bahn mit dem Kopf auf die Gleiskante geprallt war. Augenzeug:innen berichteten von einer vorangegangenen Auseinandersetzung der 16-Jährigen mit einer Moralpolizistin, die sie geschubst haben soll.
Offiziellen Angaben zufolge soll sie wegen eines plötzlichen Blutdruckabfalls in Ohnmacht gefallen sein. Laut Garavands Eltern hatte ihre Tochter zuvor unter keiner Krankheit gelitten. Videoaufnahmen aus der U-Bahn, die Aufschluss über den Vorfall hätten geben können, wurden nicht veröffentlicht.
Die Nachricht von Garavands Tod verbreitete sich binnen Minuten in den Sozialen Medien. Persischsprachigen Medien zufolge wurde der Hashtag ihres Namens #آرمیتا_گراوند auf der Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter, innerhalb von zwei Stunden 70.000 Mal geteilt.
Viele Social-Media-Nutzer:innen bezeichnen Armitas Tod als „einen weiteren Mord des Regimes zur Durchsetzung der Hijab-Pflicht“. Nicht wenige vergleichen ihren Tod mit der Tötung von Jina Mahsa Amini im Iran im September letzten Jahres.
Die in Norwegen ansässige „Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran“ gab bekannt, dass die Darstellung der Islamischen Republik vom Tod von Armita Garavand „nicht akzeptabel“ sei. Sie sieht Armita als ein weiteres Opfer der staatlich verordneten Kopftuch-Pflicht.
Die Europaabgeordnete der Grünen Hannah Neumann äußerte sich als eine der ersten Politiker:innen zum Tod von Armita Garavand. Sie schrieb auf X, die Jugendliche sei getötet worden, weil „manche islamische Regierungen es für richtig halten, Kinder wegen der Nichteinhaltung der Hijab-Vorschriften ins Koma zu schlagen“.
Armita Garavand is dead. Killed because some Islamist regime thinks it is okay to beat children to coma for not wearing hijab.#MahsaAmini #NikaShakerami #ArmitaGaravand and so many more. Gone.
A regime that betrays its youngest has no future. pic.twitter.com/kmlEVWNWCF
— Hannah Neumann (@HNeumannMEP) October 28, 2023
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock äußerte sich auf X zum Armitas Tod. Sie schrieb unter anderem: „Die Brutalität des Regimes hat ihre Zukunft geraubt.“
Armita Garawand war erst 16. Ein Kind, eine Schülerin – ein ganzes Leben lag noch vor ihr. Die Brutalität des Regimes hat ihre Zukunft geraubt.
Die Zukunft Irans ist seine Jugend. Die Zukunft Irans sind seine Frauen. Ihren Drang nach Freiheit kann das Regime nicht unterdrücken.
— Außenministerin Annalena Baerbock (@ABaerbock) October 28, 2023
Norbert Röttgen, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, ist auch der Meinung, dass Armita von der iranischen Sittenpolizei „zu Tode geprügelt“ worden sei: „Ein Regime, das sich nur mit Gewalt halten kann, hat keine Zukunft. Die Zukunft sind die jungen Frauen & Männer im Iran, die keine Angst mehr haben“, so der CDU-Abgeordnete.
#ArmitaGaravand wurde von der Sittenpolizei zu Tode geprügelt, weil sie kein Kopftuch trug. Ein Regime, das sich nur mit Gewalt halten kann, hat keine Zukunft. Die Zukunft sind die jungen Frauen & Männer im Iran, die keine Angst mehr haben. #IranRevolution pic.twitter.com/pWfRemWwUk
— Norbert Röttgen (@n_roettgen) October 28, 2023
Auch zahlreiche iranische Künstler:innen haben zum Tod von Armita Stellung genommen. Taraneh Alidoosti, eine der bekanntesten iranischen Schauspielerinnen, schrieb: „Von dem Kopftuch, das ihr uns gewaltsam aufgezwungen habt, tropft immer noch Blut.“
Alidoosti war im vergangenen Jahr zunächst verhaftet und bislang nur vorläufig wieder freigelassen worden, weil sie ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit abgenommen hatte. Sie gehört zu den mehr als 20 iranischen Schauspielerinnen, die deswegen Berufsverbot bekommen haben.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte kürzlich erklärt, dass Armita AI-Recherchen zufolge von einer Beamtin angegriffen worden sei. Diese Schlussfolgerung erfolge auf der Grundlage veröffentlichter Berichte und unter Berufung auf zahlreiche Beweise durch die für die „Einhaltung der öffentlichen Moral“ zuständige Behörde der Islamischen Republik.
Laut iranischen Menschenrechtsaktivist:innen steht die Familie der verstorbenen jungen Frau unter dem Druck der „Sicherheitsbehörden“. Seit Armitas Einlieferung stand das Krankenhaus, insbesondere die Station, in der sie im Koma lag, unter strenger Bewachung der „Sicherheitsbeamten“. Armitas Mutter Shahin Ahmadi sowie die Reporterin der Teheraner Zeitung Shargh Maryam Lotfi sollen kurzzeitig inhaftiert worden sein, weil sie Armita besuchen wollten.♦
Etwa 300 Menschen haben sich entschieden, das Iran Journal vor dem Aus zu retten. Auch Sie können uns helfen, indem Sie direkt (hier klicken) oder durch unsere Crowdfunding-Kampagne (hier klicken) Fördermitglied der Redaktion werden.