Psychologie-Verbände wehren sich gegen „Missbrauch der Psychologie“ durch iranische Justiz

Vier führende iranische Verbände aus den Bereichen Psychiatrie und Psychologie haben gegen die jüngsten Urteile iranischer Gerichte protestiert. In einem Schreiben forderten sie den Justizchef des Landes auf, gegen den „Missbrauch von Psychiatrie und Psychologie in der Justiz“ vorzugehen. Der Iranische Psychiatrieverband, die Iranische Gesellschaft für psychosomatische Medizin, der iranische Verband für Psychotherapie und die Iranische Psychologische Vereinigung haben das Schreiben unterzeichnet.

Das Schreiben nimmt auf Urteile für zwei Künstlerinnen Bezug, die sich im Zuge der landesweiten Proteste seit dem letzten September gegen die allgemeine Hijab-Pflicht ausgesprochen hatten. Kürzlich war die Schauspielerin Afsaneh Baygan wegen Nichteinhaltung des Kopftuchzwangs zu „zwei Jahren Haft, die auf fünf Jahre Bewährung ausgesetzt sind, zwei Jahren Ausreiseverbot, zwei Jahren Internetverbot, wöchentlichen Sitzungen bei einem Psychologen sowie dem Lesen und Zusammenfassen von bestimmten Büchern“ verurteilt worden. Bereits zuvor war Azadeh Samadi, ebenfalls Schauspielerin, dazu verurteilt worden, sich alle zwei Wochen „zur Behandlung ihrer antisozialen Persönlichkeitsstörung an offizielle psychologische Beratungsstellen zu wenden und am Ende der Behandlungszeit eine Gesundheitsbescheinigung vorzulegen“.

„Die Diagnose psychischer Störungen obliegt Psychiater*innen, nicht Richtern, genauso wie die Diagnose anderer Krankheiten Ärzt*innen, nicht Richtern obliegt,“ schreiben die Verbände dazu. Sie verurteilen die Verwendung des Begriffs „antisoziale Persönlichkeit“ in den erteilten Urteilen als „unwissenschaftlich und falsch“. Die Überweisung von Personen zu psychologischen Beratungsstellen, um Änderungen in ihrem Lebensstil durchzusetzen, sehen die Verbände als Verstoß gegen das Prinzip der Autonomie der Berufe der Psychiatrie und Psychologie an, die wiederum ein Grundprinzip dieser Berufe sei.

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